Unterm Strich - Die Kulturwoche

Und wieder fällt ein Dominostein in der deutschen Stadttheater-Landschaft: Das anhaltische Theater Dessau löst die Sparten Ballett und Schauspiel auf, behält aber sein überregional bekanntes Musiktheater. Tanz- und Schauspielproduktionen sollen künftig aus benachbarten Häusern wie Leipzig, Halle oder Magdeburg gastieren.

 Schräg-schriller Avantgardekünstler und eines der ersten bekannten Aids-Opfer: Klaus Nomi. Foto: dpa

Schräg-schriller Avantgardekünstler und eines der ersten bekannten Aids-Opfer: Klaus Nomi. Foto: dpa

Hintergrund ist, dass das Land Sachsen-Anhalt seine Förderung von bislang acht Millionen Euro um ein Drittel kürzt. Über solche Summen kann man am Wiener Burgtheater nur müde lächeln. Das Renommier-Haus erhält jährlich 46 Millionen Euro Subventionen. Offenbar zu wenig: Für die vergangene Saison zeichnet sich ein bescheidenes Defizit von bis zu zehn Millionen Euro ab. Die für Finanzen zuständige Vizedirektorin wurde gefeuert, der Intendant beklagt sich über zu wenig Engagement der öffentlichen Hand. Es gibt auch Theater, die mit anderem als Geldmangel auf sich aufmerksam machen: Im Hamburger Schauspielhaus mutete Neu-Intendantin Karin Beier dem Publikum zum Start ihrer Ära einen siebenstündigen Antikenmarathon aus fünf Stücken von Aischylos bis Hofmannsthal zu - und erntete für "Die Rasenden" samt ihren Stars Maria Schrader, Birgit Minichmayr und Götz Schubert minutenlangen stürmischen Beifall. Während sich Hamburg im Trojanischen Krieg suhlt, hat die Bundeskunsthalle Bonn den Ersten Weltkrieg im Blick, der vor 100 Jahren begann. Die Ausstellung "Avantgarden im Kampf" beleuchtet die Rolle zeitgenössischer Künstler in den Wirren des Krieges. Manche zogen begeistert ins Feld, andere wurden zu Künstlern des Protestes. Noch während des Krieges entstanden alle wegweisenden Strömungen, die das weitere 20. Jahrhundert prägten. 300 Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen, Fotos sind bis zum 23. Februar in Bonn zu sehen. Ein wegweisender Künstler hätte auch Klaus Nomi werden können, der heute vor 70 Jahren im Allgäu-Ort Immenstadt geboren wurde. Gescheiterter Opernsänger, ging er 1973 nach New York und wurde dort mit seinen exzentrischen Auftritten eine Ikone des Undergrounds, gefördert von David Bowie. Er mischte New Wave mit Barockoper, sang mit schrägem Counter-Tenor im futuristischen Plastik-Outfit mit greller Maske. Er war auf dem Weg zum Avantgarde-Weltstar, als er 1983 als einer der Ersten an Aids starb. Dieter Lintz

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