Vom Anspruch auf ein gutes Zeugnis

Bei der Arbeit scheint möglich, wovon Schüler nur träumen: Fällt das Zeugnis schlecht aus, kann man die Korrektur erzwingen. Tatsächlich darf die Firma Ihnen keine Steine in den Weg legen.

 TV-Kolumnist Martin Wehrle.

TV-Kolumnist Martin Wehrle.

Foto: privat

Das Zeugnis sollte "wohlwollend" ausfallen, das bedeutet: Selbst wenn ein Mitarbeiter eine faule Socke war, darf ihn das Zeugnis nicht so bezeichnen. Aber so umschrieben werden darf er sehr wohl. Das muss er sogar, denn die Rechtsprechung verlangt wahrheitsgemäße Zeugnisse. Ein Zeugnis, das offensichtliche Lügen enthält, etwa einen Dieb als ehrlich bezeichnet, kann für das Unternehmen zum Bumerang werden: Die nächste Firma könnte daraus einen Anspruch auf Schadenersatz ableiten, sofern ihr Eigentum an denselben langen Fingern kleben bleibt.

Und wenn die Leistungsbeurteilung schlecht ausfällt, es zum Bespiel heißt, Sie hätten zur vollen Zufriedenheit gearbeitet (Schulnote 3)? Können Sie dann eine Korrektur durchsetzen? Wenn Sie sich nur auf das Gefühl stützen, man behandele Sie ungerecht, werden Sie auf taube Ohren stoßen. Ein Grundrecht auf gute Zeugnisse ist laut Verfassung nicht vorgesehen, am Arbeitsplatz genauso wenig wie in der Schule.

Wer dagegen ein Erfolgstagebuch führt, seine Arbeitsergebnisse festhält, lobende Mails speichert und die Bewertungen in Mitarbeitergesprächen aufbewahrt, kann seine Leistung dokumentieren.

Wenn Ihre Firma nun nachtritt, etwa weil Sie zur Konkurrenz wechseln, können Sie dieses Foulspiel nachweisen und die Korrektur Ihrer Bewertung durchsetzen. So wie ein Schüler, der das ganze Jahr auf 2 steht, im Abschlusszeugnis nicht plötzlich eine 5 bekommen darf.

Unser Kolumnist Martin Wehrle (geboren 1970) gehört zu den erfolgreichsten Karriereberatern in Deutschland. Sein aktuelles Buch: "Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus", Econ, 14,99 Euro.

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