Wer schützt uns vor unseren Beschützern?

Diese Woche war die Woche des Verbraucherschutzes. Die Politik feierte den großen Durchbruch.

Das Land will ab heute schwarze Schafe in Gastronomie und Lebensmittelhandel, aber auch Produkte, von denen eine Gesundheits- oder Sicherheitsgefahr ausgehen könnte, im Internet an den Pranger stellen. Das ist doch mal was Handfestes. Also angenommen, ich wollte heute Abend im Restaurant X essen gehen. Dann müsste ein Klick genügen, um herauszufinden, ob ich mir da nicht etwa eine Gammelbude ausgesucht habe. Na ja, mit dem Tempo sollten wir\'s mal nicht übertreiben. Das erweiterte Verbraucherinformationsgesetz (VIG) tritt zwar heute in Kraft, aber die zuständigen örtlichen Behörden wissen noch gar nicht, wie sie's angehen sollen. Zumindest hatten sie Mitte der Woche noch keine Anleitung an der Hand. Aber der Reihe nach: Das Rundumsorglos-Paket hat sich das Bundesverbraucherministerium ausgedacht und vom Bundestag absegnen lassen. Es beinhaltet im Wesentlichen eine Ausweitung des Verbraucherschutzes auf eine größere Betriebs- und Produktpalette sowie eine Informationspflicht der Behörden. Zudem sollen - anders als bisher - die meisten Bürgeranfragen kostenlos beantwortet werden. Dagegen kann man nun wirklich nichts haben. Im März wurde das Gesetz veröffentlicht. Seine Ausgestaltung wiederum ist Ländersache. Auskunft über Hygieneverstöße ortsansässiger Firmen geben Kreis- und Stadtverwaltungen, Untersuchungsergebnisse können beim Landesuntersuchungsamt erfragt werden. Ansprechpartner bei anderen Produkten sind Gewerbeaufsichtsämter, in deren Zuständigkeitsbereich der Hersteller oder Importeur sitzt. Kommen Sie noch mit??? Gut. Kämpfen wir uns weiter. ,,Die Bürger können mit dem neuen VIG noch schneller, noch umfassender, noch günstiger informiert werden", lässt uns das Bundesverbraucherministerium wissen. Wobei sich schnell herausstellt, dass "schnell" ein relativer Begriff ist. Die Fristen belaufen sich auf einen Monat in der Regel. Bei Ausnahmen können\'s leicht zwei werden. ,,Die Auskunftspflicht der Behörde beschränkt sich aber nur auf Informationen, die der Behörde auch vorliegen. Sie muss sich keine Informationen beschaffen, um die Auskunft erteilen zu können", teilt uns das rheinland-pfälzische Verbraucherschutzministerium vorsichtshalber mit. Aha. Im Umkehrschluss kann das ja nur bedeuten, dass Überwachungen künftig engmaschig durchgeführt werden müssen, damit der schöne, neue Verbraucherschutz auch tatsächlich brauchbar ist. Und Mehraufwand ist üblicherweise mit höheren Kosten verbunden. Dabei sind die chronisch klammen Kommunen und Behörden schon heute mit dem Kontroll-aufwand überfordert. Das alles wirkt auf mich so unausgereift und sachfremd, dass ich mich gar nicht mit den Verbraucherpolitikern mitfreuen kann. Im Gegenteil frage ich mich, wer uns eigentlich vor immer neuen Bürokratiemonstern schützt? Das wäre doch mal ein wirklicher Dienst am Verbraucher.

Isabell Funk, Chefredakteurin

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