Wie überrumpelt

Die Hoeneß-Affäre erhitzt weiter die Gemüter. Auch wenn sich der noch amtierende Bayern-Präsident nun als reuiger Sünder zeigt, die politischen Folgen des Falls sind ausgerechnet im Bundestagswahljahr längst noch nicht ausgestanden.

Zum einen, weil sich der Bundespräsident jetzt mit klaren Worten eingeschaltet und die Debatte fortgeführt hat. Das ist richtig so. Joachim Gauck gibt das Gewissen der Nation, ihm muss es um den Zusammenhalt der Gesellschaft gehen, der von jenen torpediert wird, die Steuerhinterziehung als Kavaliersdelikt betrachten oder aber als Bestandteil eines perfiden Zockerspielchens. Ihnen hat Gauck mehr als deutlich die Leviten gelesen.
Auf der anderen Seite wirkt sich der Fall laut Meinungsforscher aber auch negativ auf die politische Stimmung gegenüber der Union aus. Das sollten CDU und CSU nicht unterschätzen. Schließlich sind sie die Parteien, zu denen Hoeneß eine besondere Nähe gepflegt hat.
Da verwundert es nicht, dass der Ex-Kicker sein Fehlverhalten unbedingt der Kanzlerin und CDU-Chefin erklären will, die ausdrücklich auf Distanz zu ihm gegangen ist. Auch Merkel weiß, die Steuerpolitik der Regierenden ist durch den Bayern und durch seine Äußerungen über das von ihm erhoffte Steuerabkommen mit der Schweiz unversehens in den Fokus geraten. Und zwar negativ.
Mehr noch: Wer Anfang des Jahres gedacht hat, die Euro-Krise allein werde den Wahlkampf beherrschen, dürfte sich wohl geirrt haben. Es ist deshalb vor allem Merkels Union, die diesbezüglich nach wie vor wie überrumpelt wirkt. Das merken jetzt auch die Wähler, wie die Umfragen zeigen. Im Kanzleramt und in der CDU-Zentrale dürften die Alarmglocken schrillen.
nachrichten.red@volksfreund.de

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