Staegken-Finanzmodell

Soso, die Stadt will also mit Null Euro einen Zig-Millionen-Euro-Bau fürs neue Rathaus hochziehen. Dabei gab es erst kürzlich die besorgniserregende Nachricht, dass sie kein Geld für Stühle in der neuen Turnhalle hat. Laut Unterlagen einer nicht-öffentlichen Stadtratssitzung ist alles halb so schlimm.

Wie das Finanzgeschehen zeigt, braucht man kein Geld, nur Kreativität, wenn man sich so richtig was leisten will. Deshalb hat ein externes Fachbüro dem Stadtrat erklärt: "Die Stadt gründet eine Zweckgemeinschaft (Special Purpose Vehicle) mit Namen Säubrenner auf einer steuergünstigen Karibikinsel. Säubrenner emittiert mit Hilfe der Investmentbank ihres Vertrauens ein CDO, also eine "Collateralised Debt Obligation".

Nach alter Kapitalmarktgewohnheit erfolgt die Platzierung der Anleihen einen Tag bevor Finanzierungslücken, z.B. die um eine Million Euro geringere Gewerbesteuereinnahme bekanntgemacht werden. Anschließend kauft oder baut Säubrenner Stühle und ein Rathaus. Anleihen oder zumindest die Zinsen werden mit künftigen Gewerbesteuereinnahmen und Kirmesgebühren "besichert".

Damit sich die Sache richtig lohnt, werden die Anleihen je nach Grad der Sicherheit in verschiedene Scheiben geteilt, wie beim Säubrenner-Staegken (Salami). Ganz sichere Scheiben könnten so ein gutes Rating, z.B. das begehrte AAA bekommen, mittlere Qualitäten ein BBB und so weiter. Gottseidank muss die Stadt selbst den risikoreichsten Teil, die sogenannte Equity Tranche (Salami-Endstück), nicht halten, sondern könnte daraus mit weiterem Müll (diversifizieren!) ein weiteres CDO schaffen.

Ansonsten kann man den Müll auch als "halten bis Endfälligkeit" verbuchen, so dass man die Bewertung zu Marktpreisen, sprich Abschreibung, vermeiden kann. Selbst wenn das alles implodiert, sind wir noch nicht am Ende der Fahnenstange. Der neue europäische ESFS könnte die Stadt aufgrund ihrer systemischen Wichtigkeit retten. Dem ESFS macht das nichts aus, denn er hat ja selbst kaum Eigenkapital und wird von der Europäischen Zentralbank finanziert.

Nur Mut! Die Stadträte sollen dem ohne Nachfragen und Debatte einstimmig zugestimmt haben.

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