Meine Wirtschafts-Woche: Windige Geschäfte mit der Gier

Ein Gespenst geht um in Deutschland. Aber dieses Mal ist es nicht der vom berühmten Trierer Karl Marx beschworene Kommunismus, sondern vielmehr die Inflation, die den Deutschen Angst macht.

Magere ein Prozent Rendite versprechen zurzeit Tagesgelder bei Filialbanken. Bei einer Preissteigerung von 1,5 Prozent können die Anleger bei solchen Angeboten das Geld auch einfach unter dem Kopfkissen liegenlassen. Anlageberater propagieren deshalb verstärkt Investitionen in Sachwerte. Das hört sich zunächst schlüssig an.

Was dann aber im Depot der Sparer landet, lässt jede Hyperinflation als Renditerakete erscheinen. Denn die Investitionen in vermeintliche Sachwerte erweisen sich in vielen Fällen bei genauerer Betrachtung als hochriskant und teuer. Jüngstes Beispiel ist die Insolvenz des Windpark-Betreibers Prokon. Mehr als 75 000 Anleger haben dort darauf vertraut, an den Segnungen der Energiewende teilhaben zu können. Dafür investierten sie auf den ersten Blick in ökologisch korrekte Sachwerte, wie Windräder oder Biomasseanlagen. Prokon konnte insgesamt 1,4 Milliarden Euro durch Genussscheine einsammeln. Das Unternehmen bot seinen Anlegern dafür einen Mindestzins von sechs Prozent. Das klingt sicher, ist es aber nicht.

Schon ein Blick in den Geschäftsbericht 2012 offenbart, dass die Unternehmensgruppe in massiven Schwierigkeiten steckte. Bei einem Verlust von 2,4 Millionen Euro schüttete die Firma 52,6 Millionen Euro Zinsen aus. Betroffene Anleger können sich deshalb nicht auf die Opferrolle zurückziehen. Schon seit vielen Jahren haben Verbraucherschützer und Medien vor einer möglichen Pleite gewarnt. Zudem hätte schon der Blick in das Wertpapierprospekt gezeigt: Sechs Prozent Zinsen gibt es im Augenblick nur bei einem hohen Risiko. Wenn die Gier der Sparer auf einen skrupellosen Vertrieb trifft, hilft dann auch eine Verschärfung der Gesetzgebung für den sogenannten grauen Markt (nicht staatlich regulierter Finanzmarkt) nichts. Nachdem hier beispielsweise Investitionen in geschlossene Immobilienfonds erschwert worden waren, sind viele Anleger auf noch riskantere Anleihen für Immobilienprojekte umgestiegen.

t.zeller@volksfreund.de

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