Zerrissen

Da gibt es die Bilder und Nachrichten aus Syrien. Berichte über Grauen und Gräuel eines Bürgerkrieges mit vielen Parteien, widerstreitenden Interessen, internationaler Beteiligung.

Verzweifelte, geschundene, fliehende Menschen, Hunderttausende Tote, viele Millionen Vertriebene. Da gibt es den grausamen Mord an einer Studentin in Freiburg. Dringend tatverdächtig ist ein minderjähriger Asylbewerber.

Die gewaltige Aufmerksamkeit, die dieses Verbrechen vor allem im Netz erregte, galt gar nicht mal so sehr der Tat an sich. Geschweige denn war sie Ausdruck von spontanem, kollektivem Mitgefühl mit dem Opfer und seinen Angehörigen. Vielmehr brandete ein Sturm der Entrüstung auf, der sich sogar zum Politikum auswuchs, weil die ARD in der Tagesschau nicht darüber berichtet hatte.

Da gibt es die Hetze gegen Schutzsuchende allgemein und solche, die sich um sie kümmern. Da gibt es den dschihadistischen Terror, der nicht nur in der arabischen Welt wütet, sondern auch Europa tief verwundet. Da gibt es den von IS-Schergen ermordeten 84-jährigen Priester in der Normandie. Da gibt es Hass-Mails, Gewalt- und Todesdrohungen gegen Pfarrer und Bischöfe, die zu Menschlichkeit und Mäßigung mahnen und sich gegen rechtes Gedankengut wenden.

Herausgegriffen seien beispielhaft einige Angriffe von vielen auf den Bamberger Erzbischof Ludwig Schick: "Den könnte man sich auch auf dem Scheiterhaufen vorstellen … Pfaffe beschränkter!", "Stell dir vor, dieser Heini wird im Gottesdienst geköpft und niemand schaut hin." "Wenn dann wieder die Gaskammern kommen, werden die die ersten sein!" (Quelle: Norddeutscher Rundfunk, NDR).

Da gibt es die massenhaften Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht. Die Täter stammen aus den Maghreb-Staaten. Da gibt es die Tausenden Toten im Mittelmeer. Kinder, Frauen, Männer - gestorben auf der Flucht. Da gibt es den Deal mit der Türkei, hinter den die meisten gar nicht so genau schauen wollen, weil er ja immerhin die Flüchtlingsbewegungen nach Europa eindämmt. Da gibt es Straftaten gegen Asylbewerber, Straftaten von Asylbewerbern.

Eines gibt es auf all das nicht: einfache Antworten.

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