Moorhuhn: Tiger & Chicken

Was für ein Comeback! Das einst beliebte Geflügeltierchen hat die Rollen getauscht – und ist auf einem Rachefeldzug der besonderen Art. Warum ihm dieser Job so gut zu Gesicht steht, verrät der Test.

Moorhuhn: Tiger & Chicken
Foto: Deck 13 Interactive

Ja, ich gebe es zu: DAS hab ich so nicht kommen sehen. Erst drei Wochen vor der Veröffentlichung des Spiels habe ich überhaupt von dessen Existenz erfahren. Ohne mir weiter Gedanken zu machen, hatte ich mich beim Test eigentlich schon auf ein schmerzendes Handgelenk vom Hühner abballern eingestellt, samt des nostalgischen Gefühls, das das Geflügel aus den 90er-Jahren ausüben würde. Bei der nostalgischen Zeitreise hatte ich Recht - bei der restlichen Vorstellung lag ich deutlich daneben. Oder besser gesagt: Mehr hätte mich das Spiel gar nicht überraschen können.

Starkes Team

Erst einmal hätte mich der Titel mit dem Zusatz "Tiger & Chicken" stutzig machen müssen. Wird hier etwa mit Raubkatzen auf Geflügel geschossen? Nicht ganz … Aber was mich wirklich ins Grübeln hätte bringen sollen, war der Name des Entwicklers: Deck 13 Interactive. Sind das nicht die Jungs, die mich mit Spielen wie "Venetica" oder "Jack Keane" bereits prima unterhalten haben? Ganz genau! Und die machen jetzt ein Moorhuhn-Spiel? Na da bin ich gespannt.

Bereits die Verpackung und die Installation zerstreuen meine einstigen Bedenken und verwiesen meine Vorstellung der munteren, aber dennoch monotonen Ballerorgie auf die Strafbank. Hier erwartet mich Action am laufenden Band, garniert mit einem sympatischen, knuffigen Hauptakteur, der weiß, wie gekämpft wird.

Teuflische Anleihen

Das bekannte Federvieh hat nicht nur die Rollen getauscht, sondern auch das Genre. Wir befinden uns Mitten in einem waschechten Action-Rollenspiel. Als Hauptfigur steuert ihr das namenlose Moorhuhn, das nun ordentlich austeilt, anstatt einzustecken - eine coole Idee, wenn das Konzept denn aufgeht. Aber keine Panik: Das tut es.

Aufgewachsen in einer asiatisch angehauchten Welt, als Sklave in Minen gehalten, wird der namenlose Held von seiner Freundin getrennt. Anstatt in einer Falle zu verrotten, kann das Moorhuhn entkommen - und beginnt seinen Rachefeldzug. Das Spielprinzip erinnert dabei stark an die Genre-Größe aus dem Hause Blizzard - nur der Sammelsucht-Faktor fällt nicht sehr ins Gewicht. Dennoch: Wenn das Moorhuhn, unterstützt durch die Macht vier verstorbener Shaolin-Kämpfer, ins Gefecht zieht, fühlt sich das richtig gut an.

Lachen erlaubt

Die Gründe sind auf mehreren Ebenen zu suchen: Zum einen steuert sich der eigentlich tollpatschig aussehende Held einfach und exakt. Wenn er dann noch mit putzigen Kampfanimationen seine Widersacher auf den Boden schickt, bleibt ein Schmunzeln nicht aus. Gewonnene Erfahrungspunkte werden später flugs in neue Fähigkeiten investiert, was die Motivation natürlich steigert. Aber auch bei den normalen Quests handelt es sich nicht um Ware von der Stange: Man merkt Deck 13 schon die Entwicklung spaßiger Adventures an - denn der Humor kommt bei den unterschiedlichen Aufgaben nicht zu kurz.

Nur bei der Item-Jagd müssen die Entwickler noch ein wenig schrauben. Klar, es finden sich unterschiedliche Ausrüstungsgegenstände, die sich leicht miteinander vergleichen lassen. Dennoch könnt ihr die Auswahl eurer Kleidung und Waffen getrost dem Programm überlassen, das euch stets das beste in eurer Sammlung befindliche Equipment anlegt. An dieser Stelle herrscht noch eine Menge Potenzial.

Positiv zu erwähnen ist auch die Auswahl an gegnerischen Truppen: Nicht nur, dass sie von Zeit zu Zeit optisch variieren - von Krokodilen über wilde Katzenmenschen bis hin zu einer Riesenkröte ist alles vertreten - nein, auch taktisch erfordern sie einige Male ein Umdenken. Dadurch verkommt der Titel keinesfalls zu einer monotonen Klickorgie, wie die ursprünglichen Ableger einst. Vom klassischen Nah- und Fernkämpfer bis hin zum Heiler, der die Truppen aus der zweiten Reihe versorgt, findet sich alles im bunten Feindes-Potpourri. Selbst die Bossgegner glänzen durch eine ordentliche Optik und hübsche Angriffe - die sich im Grunde jedoch allesamt ähnlich spielen. Macht aber nichts - das Gesamtpaket stimmt.

Fazit

Das mutige, neue Spielprinzip mit der altbekannten Marke ist eine klasse Fortführung der Reihe. Ich war positiv überrascht, wie gut Deck 13 den Titel hinbekommen hat hinsichtlich aller Fallen, die in diesem Genre lauern. Bis auf das Beutesystem gibt es wenig an dem Spiel auszusetzen - auch wenn es natürlich nicht den Umfang eines Diablo III aufweisen kann. Doch für Freunde von Rollenspielen, die nicht allzu ernst, aber dennoch fordernd sind, kann ich den Titel nur wärmstens empfehlen. Aber auch jenen, die das Moorhuhn von früher noch kennen und eine andere Seite an ihm sehen wollen, lege ich "Tiger & Chicken" ans Herz. Ein durch und durch gelungener Titel. Danke, Deck 13!

Genre: Action-Rollenspiel, Abenteuer
Für: PC // Entwickler: Deck 13 Interactive // Publisher: Deep Silver
Spieler: 1 // Online: ja // USK: ab 12 Jahren
Internet: http://www.tigerandchicken.de/

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