Kirche Warum dieses Buch eine #MeToo -Debatte in der Kirche auslösen könnte

Trier · 23 Frauen, 23 Berichte: Der Katholische Deutsche Frauenbund veröffentlicht ein Buch gegen sexuellen und spirituellen Missbrauch an erwachsenen Frauen in der katholischen Kirche – und gegen Vertuschung.

 In einem Buch werden sexuelle Übergriffe gegenüber Frauen in der Kirche thematisiert.

In einem Buch werden sexuelle Übergriffe gegenüber Frauen in der Kirche thematisiert.

Foto: picture alliance/dpa/Armin Weigel

Von einem „historischen Moment“ war die Rede. Die Deutsche Bischofskonferenz hatte zusammen mit Frauenverbänden und der Deutschen Ordensobernkonferenz im vergangenen Herbst mehr als hundert Frauen zur Tagung „Gewalt an Frauen in Kirche und Orden“ eingeladen.

Die Veranstaltung hat nun ein mehr als 270 Seiten umfassendes Nachspiel: Im Januar dieses Jahres hatte der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) Frauen, die als Erwachsene in Kirche oder Klöstern sexuell und spirituell missbraucht wurden, gebeten, ihre Geschichte niederzuschreiben und einzusenden. Am 20. November ist das Buch mit dem Titel „Erzählen als Widerstand“ erschienen.  23 Frauen berichten darin von ihren Missbrauchserfahrungen - von eigenen, von denen ihrer Mütter, Großmütter, Ur-Großmütter. Frauen, geboren Mitte des 20. Jahrhunderts, Frauen nicht älter als 30 Jahre, Laiinnen, Kirchenmitarbeiterinnen, Ordensfrauen. „Ich wollte, dass ihr das wisst, bevor ist sterbe“, „Beichterfahrungen meiner Mutter“, „Zum Schweigen gebracht und kaltgestellt“, haben drei der Autorinnen ihre Berichte überschrieben.

„Die Texte in diesem Buch zeigen, dass sexualisierte Gewalt im Umfeld der katholischen Kirche fast immer mit spirituellem Missbrauch einhergeht“, sagte Regina Heyder während einer Pressekonferenz des KDFB. Spiritueller Missbrauch leite in vielen Fällen sexuellen Missbrauch der Täter und Täterinnen ein, Fachleute sprechen von Grooming-Strategie. Regina Heyder ist neben Barbara Haslbeck, Ute Leimgruber und Dorothee Sandherr-Klemp eine der vier Herausgeberinnen. Sie alle sind Theologinnen, die beruflich, ehrenamtlich und wissenschaftlich zu spirituellem und sexuellem Missbrauch arbeiten und sich in der Theologischen Kommission des KDFB engagieren.

Ute Leimgruber sagte: „Es geht um Macht.“ Dies hätten die Berichte der Frauen unter anderem gezeigt. Missbrauch sei alltäglich, weil Machtverhältnisse alltäglich seien. Mitherausgeberin Barbara Haslbeck sagte, das Buch könne in die #MeToo-Debatte eingeordnet werden.

Alle Namen, Orte und Gemeinschaften wurden anonymisiert. Die Autorinnen haben sich selbst ein Pseudonym gewählt. Ist dies eine Schwäche des Buches? „Es nennt keine Täter, deckt aber Strukturen auf“, sagte Heyder. Es gebe Frauen den notwendigen Raum, erzählen zu können.

„Erzählen als Widerstand“ sei ein Buch gegen das Weghören, gegen das Vertuschen, gegen Verantwortliche, die ihre Verantwortung nicht übernehmen würden, sagte Sandherr-Klemp.

Neben der Sammlung an Geschichten betroffener Frauen, finden Leserinnen und Leser auch theologische Essays über die Hintergründe des Missbrauchs und weiterführende Adressen für Betroffene.

Auf TV-Anfrage sagte Stefanie Peters, Mitglied des Vorstandsteams der KFDB im Bistum Trier: „Ich warte gespannt auf das Buch.“ Sie ziehe den Hut vor dem Projekt, weil sie häufig Sprachlosigkeit bei dem Thema erlebe.

 Das Buch ist am 20. November im Aschendorff Verlag erschienen und kostet 20 Euro.

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