Kriminalität Keine Miene, kein Wort

Trier · Der Hells-Angels-Prozess ist beendet. Für den Hauptangeklagten werden sich die Gefängnistüren so rasch nicht öffnen. Und dann?

 Der angeklagte Rocker (links) setzt sich neben seinen Verteidiger Gabor Subai.

Der angeklagte Rocker (links) setzt sich neben seinen Verteidiger Gabor Subai.

Foto: TV/Rolf Seydewitz

Als der Vorsitzende Richter Armin Hardt am Montagnachmittag das Urteil verkündet, verzieht der Hauptangeklagte keine Miene. Der 37-jährige Rocker sitzt neben seinem Verteidiger Gabor Subai und macht ein Gesicht, als ginge ihn die ganze Angelegenheit allenfalls am Rande etwas an. Der Hauptangeklagte hat den ganzen Prozess über geschwiegen. Wenn es etwas zu sagen gab, hat Anwalt Gabor Subai das für seinen Mandanten in Worte verpackt.

Zwischen dem Rocker und einem wegen Beihilfe mitangeklagten ehemaligen Mitinsassen scheint das Verhältnis in der Vergangenheit schon einmal besser gewesen zu sein. Während der Urteilsverkündung raunzt der seit knapp zwei Monaten wieder auf freiem Fuß befindliche 26-Jährige dem nur ein paar Meter entfernt sitzenden Rocker etwas zu, nachdem er zuvor angeblich provoziert worden war. Das irgendetwas bei der Urteilsverkündung nicht ganz so ist, wie es sein sollte, ist daran zu erkennen, dass plötzlich vier weitere Justizbedienstete in den Sitzungssaal kommen und sich in der Nähe der Anklagebank postieren. Aber alles bleibt ruhig – wie auch an den vorausgegangenen drei Verhandlungstagen.

Das war nicht unbedingt vorauszusehen. Der Vorsitzende Richter Armin Hardt hatte für den gesamten Prozess erhöhte Sicherheitsvorkehrungen angeordnet. Besucher mussten – wie auf dem Flughafen – durch eine Sicherheitsschleuse, bevor sie den Sitzungssaal betreten durften. Das mag zum einen daran gelegen haben, dass die Hells Angels nicht gerade als ein friedfertiges Motorradclübchen bekannt sind.

Zum anderen war der Aufwand aber auch in der Person des Hauptangeklagten begründet. Der gebürtige Chilene hatte vor zehn Jahren den Chef der rivalisierenden Rockergruppe Outlaws getötet, war dafür vom Landgericht Kaiserslautern im Juli 2012 zu einer zwölfjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Nun, so die Befürchtung der Sicherheitsbehörden, könnten sich die Outlaws möglicherweise für den Tod ihres Chefs rächen wollen. In die bestens gesicherten Räume des Trierer Landgerichts wären die Rocker aber auch nicht bewaffnet hineingekommen.

Dafür sitzt – bis auf den letzten Prozesstag – immer eine Handvoll Hells Angels im Zuschauerraum, wenn auch nicht mit Kutte, sondern Zivilkleidung. Der Hauptangeklagte nickt ihnen stets zu, wenn er von zwei Justizbediensteten in Handschellen in den Sitzungssaal geführt wird.

Der Hauptangeklagte ist prozess­erfahren. Schon mit 17 Jahren saß er das erste Mal im Jugendgefängnis, neben Totschlags wurde er in der Vergangenheit wegen Brandstiftung und Körperverletzung verurteilt. Der 37-Jährige soll früher zur Hooliganszene gehört haben, von der er sich aber inzwischen gelöst habe. Vor elf Jahren soll er dann in Kontakt mit den Hells Angels gekommen sein. Von was der gelernte Maler und Lackierer lebt, wie seine familiären Verhältnisse sind, bleibt in dem Trierer Verfahren im Dunkeln.

Oberstaatsanwalt Eric Samel bescheinigt dem Angeklagten in seinem Plädoyer einen „kalten und unbeirrten Eindruck“. Er empfinde keine Empathie für die Opfer und werde wohl auch so weitermachen, wenn er eines Tages aus dem Gefängnis entlassen werde, sagt der Anklagevertreter voraus.

Das aber wird noch etwas dauern. Nachdem er seit 2011 hinter Gittern sitzt, dürften sich die Gefängnistüren für den Hells Angel kaum vor 2025 öffnen.

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