Künftiger rheinland-pfälzischer Generalsekretär der Union im Interview „Ich spüre einen ungläubigen Neid auf die CDU“ - Gerd Schreiner gibt Antworten

Mainz · Der künftige rheinland-pfälzische Generalsekretär der Union spricht darüber, wieso er Malu Dreyer für unfreundlich hält, wie Christian Baldauf Ministerpräsident werden kann und ob die Union Angst vor einem Hunsrücker Landrat hat.

 Gerd Schreiner soll im November das Amt des CDU-Generalsekretärs übernehmen. Im TV-Interview bläst der Christdemokrat schon mal zur Attacke auf die SPD.

Gerd Schreiner soll im November das Amt des CDU-Generalsekretärs übernehmen. Im TV-Interview bläst der Christdemokrat schon mal zur Attacke auf die SPD.

Foto: picture alliance / dpa/Arne Dedert

(flor) Die rheinland-pfälzische CDU überrumpelt die landespolitische Szene: Bereits am 16. November will die Partei den Spitzenkandidaten nominieren, der Malu Dreyer im Frühjahr 2021 die Staatskanzlei abluchsen soll – Christian Baldauf. Warum nur? Der Mainzer Gerd Schreiner, der am gleichen Tag zum Generalsekretär gewählt werden soll, redet im Interview mit TV-Landeskorrespondent Florian Schlecht über die Gründe, angebliche Fehler von Malu Dreyer und einen Hunsrück-Landrat, der parteiintern noch Baldauf herausfordern könnte.

Die CDU wählt den Spitzenkandidaten für die Landtagswahl bereits früher als erwartet. Warum hat die Partei so viel Angst vor Marlon Bröhr?

SCHREINER  Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Wir wollen einfach nicht, dass die Wahl des Spitzenkandidaten bei Schneeregen im Februar oder in Sälen mit Fastnachtsdeko stattfindet. Und jede Woche, in der ein Spitzenkandidat die Rheinland-Pfälzer treffen kann, ist eine gewonnene Woche. Da wir am 16. November einen Parteitag haben, ergreifen wir die Gelegenheit also beim Schopfe.

Also hat die frühzeitige Abstimmung nichts mit Marlon Bröhr zu tun?

SCHREINER Jetzt warten wir doch mal ab, ob es überhaupt einen Gegenkandidaten gibt. Bislang habe ich nur gehört, dass Christian Baldauf vom Landesvorstand nominiert worden ist und Christian Baldauf gesagt hat, er wolle kandidieren. Das habe ich noch von niemand anderem gehört. Außerdem würde ich als künftiger Generalsekretär lieber über Straßenausbaubeiträge oder den Unterrichtsausfall in rheinland-pfälzischen Schulen reden. Die Menschen wählen uns, um Probleme ihres Alltags zu lösen. Und nicht wegen des Vereinslebens in der CDU.

Warum ist Christian Baldauf der richtige Mann, um die CDU das erste Mal nach 1991 in die Staatskanzlei zu führen?

SCHREINER Christian Baldauf schafft es, in Sekundenschnelle Nähe herzustellen und zuzuhören. Wenn er das Ehrenamt für wichtig hält, ist das authentisch, weil er selber im Gesangsverein singt. Und wenn ich sehe, wie die politischen Mitwerber auf uns blicken, spüre ich einen ungläubigen Neid darüber, wie geschlossen die CDU ist.

Ernsthaft? Mancher Beobachter gewinnt den Eindruck, dass nicht jeder Genosse in Christian Baldauf einen ernsthaften Rivalen für Malu Dreyer sieht.

SCHREINER Bei Christian Baldauf horcht die SPD auf. Sie wird immer spitzer in der Auseinandersetzung und weiß, dass die Sozialdemokratie am Schwimmen ist. Die Ergebnisse, die die SPD bei der Landtagswahl 2016 bekommen hat, wirken doch schon wie aus einem anderen Jahrhundert. Sie wissen, dass das 2021 so nicht mehr kommen wird. Wir werden dagegen die Begabung von Christian Baldauf, auf Menschen zuzugehen, voll ausspielen und als geschlossenes Team auftreten. Wir wollen das freundliche Gesicht von Rheinland-Pfalz sein.

Aber genau darin liegt doch auch die Stärke von Malu Dreyer. Wie will sich die CDU da denn bitte unterscheiden?

SCHREINER Malu Dreyer ist nicht das freundliche Gesicht von Rheinland-Pfalz. Freundlichkeit hat nicht nur damit zu tun, nett lächeln zu können. Malu Dreyer ist so unfreundlich, ihre Partei im Regen stehen zu lassen, wenn sie einen Schirm braucht. Wer in der Bundes-SPD in einer Stunde der Not nicht bereit ist, Verantwortung zu übernehmen und die Partei zu führen, zeigt Schwäche. Die SPD ist für Malu Dreyer eine heiße Kartoffel, die sie nicht haben will. Das spüren die Leute auch.

Frau Dreyer konzentriert sich politisch auf Rheinland-Pfalz.

SCHREINER Den eigenen Landesverband hat Malu Dreyer doch auch nicht im Griff. Wenn ich sehe, dass die rheinland-pfälzische SPD im Wahlkampf für den Mainzer Oberbürgermeister eine Umfrage macht, in der man die Menschen suggestiv fragt: ,Wollt ihr lieber einen erfahrenen OB-Kandidaten oder eine Frau?‘, falle ich vom Glauben ab. Ich hätte gerne mal das Ergebnis gesehen. Wahrscheinlich haben 80 Prozent geantwortet: ,Eine Frau.‘ Der momentane SPD-OB ist bekannt dafür, dass er nicht das Schwarze unter dem Fingernagel bewegt hat und für 1000 Euro bei Verwaltungsgesprächen mit seinem Wiesbadener Amtskollegen Rotwein trinkt. So stellt man sich Sozialdemokraten nicht vor. Malu Dreyer ist eine Frau, der so viel daran liegt, Frauen zu fördern. Wenn der SPD-Landesverband solche Umfragen startet, muss sie sich auch fragen, was sie falsch gemacht hat. Malu Dreyer wäre gerne stark – ist es aber nicht.

Die CDU hat vor der Landtagswahl doch ein unlösbares Problem, muss eine harmonische Ampelkoalition schlagen, die in jeder Umfrage komfortabel vorne liegt. Wie soll das gelingen?

SCHREINER In der Ampel zeigen sich längst Risse. In der FDP-Basis fragen sich immer noch viele, wie die Liberalen einen Koalitionsvertrag unterschreiben konnten, in dem sie selber kaum regieren können. Die Grünen, die 2016 noch knapp die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen haben, können vor lauter Kraft wegen der Umfragen kaum mehr gehen und lassen die anderen Koalitionspartner das bei jeder Gelegenheit spüren. Das ist nicht mehr die innige Liebesbeziehung, die man uns vorzugaukeln versucht.

Die CDU in Rheinland-Pfalz versucht dagegen, grüne Themen zu besetzen – wie Wald, Klimaschutz und Artenvielfalt. Besteht nicht die Gefahr, dass bei so viel grünem Anstrich die schwarze Farbe der Union abblättert?

SCHREINER Vergessen Sie nicht, dass die CDU mit Klaus Töpfer den ersten Umweltminister in Rheinland-Pfalz gestellt hat. Wir haben die Inhalte nicht immer im Mund geführt, weil wir einen breiteren Strauß an Themen bieten als die Grünen. Und wir haben auch einen anderen Zugang als sie. Die Grünen schüren Panik, um Wählerpotenzial zu mobilisieren. Wir sagen: Panik führt zu nichts! Wenn wir erfolgreich sein wollen, dürfen wir Leute nicht auseinandertreiben, sondern müssen sie zusammenführen, Wirtschaft und Umwelt zusammendenken. Dafür dürfen unsere Initiativen für Umweltschutz nicht nur in Rheinland-Pfalz greifen, sondern müssen auf dem Weltmarkt marktgängig sein.

Wo muss die CDU 2021 glänzen, um die Wahl zu gewinnen?

SCHREINER Wir müssen inhaltlich dort liefern, wo Landespolitik klassisch verantwortlich ist – wie in der Bildung. Es reicht nicht, wenn die SPD bis zum St. Nimmerleins-Tag nur runterbetet, Rheinland-Pfalz sei das Land der gebührenfreien Bildung. Wichtig ist auch, dass Kinder was lernen: In Kindergärten brauchen sie mehr Unterstützung, um in der Schule gut mitzukommen. In der Grundschule sind Lesen, Schreiben und Rechnen das Ziel. Da sehe ich deutliche Defizite. Und an der Uni müssen wir für die Fridays-for-Future-Teilnehmer genau die Ingenieur-Studiengänge schaffen, mit denen sie ihren Wunsch nach Klimaschutz im Berufsleben faktisch umsetzen können.

Wer wäre Ihr bevorzugter Koalitionspartner?

SCHREINER Grundsätzlich bin ich ein Freund einer starken Opposition und einer starken Regierung. Geht es nach meinem Wunsch, darf sich die SPD 2021 als starke Oppositionsführerin in Rheinland-Pfalz regenerieren.

Ist eine Koalition mit der AfD denkbar, wenn die Landesspitze von Uwe Junge zu Joachim Paul wechselt?

SCHREINER Um Gottes willen, nein. Ich habe keine großen Hoffnungen, dass sich etwas ändert. Die AfD ist eine unerfreuliche Veranstaltung.

Sie werden im November zum Generalsekretär gewählt. Was können Sie als Mainzer der ländlich geprägten CDU in Rheinland-Pfalz mitgeben?

SCHREINER Ich lasse mich ungerne auf das Urbane reduzieren, bin als Persönlichkeit breit aufgestellt, habe kleine Kinder, war 14 Jahre Haushaltspolitiker im Mainzer Landtag, bin Ingenieur. Julia Klöckner, Christian Baldauf und ich bringen alle Stärken ein, um verschiedene Milieus der bürgerlichen Mitte anzusprechen. Unser Erfolg kann 2021 nur in der Union liegen. Wir sind als Team stark.

Das Interview führte

Florian Schlecht

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