Interview mit Dieter Kugelmann „Die Nutzung von Facebook ist ein hohes Risiko“

Trier/Mainz · Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit spricht über die Gefahren bei der Nutzung sozialer Netzwerke.

 Prof. Dr. Dieter Kugelmann, Landesdatenschutzbeauftragter.

Prof. Dr. Dieter Kugelmann, Landesdatenschutzbeauftragter.

Foto: dpa/Fredrik von Erichsen

Er ist der oberste Datenschützer in Rheinland-Pfalz: Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Dieter Kugelmann, spricht im Interview mit TV-Redaktionsmitglied Christian Thome über fehlende Transparenz bei Facebook, Datenübergabe von WhatsApp, die Gefahr hinter dem Netzwerk und gibt Tipps, wie man trotz der Nutzung ein einigermaßen ruhiges Gewissen im Hinblick auf seine Daten haben kann.

Wie gefährlich ist der Gebrauch von Facebook für die persönlichen Daten des Nutzers? Wie viel gibt er preis?

Dieter Kugelmann: Die Nutzung von Facebook ist ein hohes Risiko, weil Facebook mit vielen anderen Diensten vernetzt ist. Da gehört zum Beispiel auch WhatsApp dazu.
Das heißt, dass alles, was ich poste, chatte oder an Informationen weitergebe, Bestandteil des Datenschatzes von Facebook wird.
Davon leben diese Konzerne – und sie leben gut davon. Es ist für den Nutzer nicht immer transparent, was mit den Daten gemacht wird.

Sie sprechen die teilweise fehlende Transparenz an. Finden Sie, dass Facebook genug tut, um diese zu gewährleisten und die Daten sicher zu verwahren oder könnte da mehr unternommen werden?

Dieter Kugelmann: Da muss mehr getan werden. Facebook ist ein Wirtschaftsunternehmen und reagiert auf Druck. Meine irische Kollegin hat zuletzt ein Verfahren gegen Facebook eingeleitet, weil Facebook gehackt wurde. Außerdem stellt die neue Datenschutzreform seit Mai höhere Anforderungen. Deshalb ist es so, dass Facebook  reagiert, aber eben nur, wenn es muss. Außerdem reagieren sie nur so begrenzt, dass sie glauben, dass es gerade noch reicht, um alle zufrieden zu stellen. Deswegen muss da grundsätzlich öffentlicher Druck aufgebaut werden.

Wie könnte eine Reaktion seitens Facebook aussehen, um mehr Transparenz zu schaffen?

Dieter Kugelmann: Facebook sagt immer, dass gewisse Dinge Betriebsgeheimnisse sind. Das wird meines Erachtens nach etwas überzogen. Facebook sollte eine Reihe an Informationen bereitstellen, die zeigen, welche Daten mit welchen anderen Diensten verknüpft werden. Dass der Algorithmus, der das tut, ein Geheimnis ist, ist klar. Aber ich muss wissen können, welche Daten mit was verbunden werden. Ich muss wissen, ob es etwa einen Einfluss auf die Verknüpfung hat, ob ich nur chatte und nicht poste, oder anders herum. Da hapert es.

Beim Messenger WhatsApp fühlt man sich oft sicherer als bei Facebook. Ist das gerechtfertigt? Wie viele meiner Daten gehen an Facebook über und was macht WhatsApp damit?

Dieter Kugelmann: Facebook und WhatsApp sagen, dass keine Übermittlung stattfindet, haben aber angekündigt, dass so etwas beabsichtigt sein könnte. Ich würde mich nicht darauf verlassen, dass die WhatsApp-Nachrichten nicht auch irgendwann mit Facebook zusammengeführt werden. Die Kommunikation mit WhatsApp ist sowieso fragwürdig, weil sie das gesamte Telefonbuch auslesen. Aus unserer Sicht ist das rechtswidrig. Es könnte ja sein, dass meine Nummer nun bei Ihnen auf dem Handy ist, ich aber nicht eingewilligt habe, dass WhatsApp darauf zugreifen kann. Da fehlt die Einwilligung. Wenn ich also mit Ihnen telefonieren möchte, ohne dass WhatsApp meine Nummer hat, dann bräuchten Sie ein extra Telefon, auf dem WhatsApp nicht drauf ist. Die Firmen leben von den Daten. Facebook hat WhatsApp nicht für Milliardenbeträge gekauft, um diese Daten nicht zu nutzen.

Besteht nicht ein dauerhaftes Risiko, dass meine Daten bei einem Hack in die Hände von Dritten gelangen, die damit machen können, was sie wollen?

Dieter Kugelmann: Ja. Dieses Risiko ist schlicht nicht auszuschalten, aber man kann es vermindern. Es ist immer der Wunsch von Facebook oder Google, den Nutzer ganz in ihre Welt hineinzuziehen. Facebook will, dass man alles über Facebook macht und sich überall darüber anmeldet und mit jedem über Facebook chattet. Wenn man das verteilt, dann ist es ein bisschen weniger riskant. Wenn wir uns bei WhatsApp über eine gemeinsame Krebserkrankung oder die Mitgliedschaft bei den Anonymen Alkoholikern unterhalten, dann könnte das interessant sein für jemanden, der an die Daten kommt. Man sollte vorsichtig sein, was man preisgibt.

Google, WhatsApp und Facebook sind so sehr im Alltag integriert, dass viele nicht ohne sie leben möchten. Gibt es eine Möglichkeit, diese Dienste zu nutzen und trotzdem sicher zu sein?

Dieter Kugelmann: Wir wollen das Rad nicht zurückdrehen und diese Bequemlichkeiten aufgeben. Diese Dienste sind ja durchaus angenehm und vielfältig. Man sollte, wenn man diese Dienste nutzt, immer auf dem Schirm haben, dass man auch wenn man alleine vor seinem Handy sitzt, man nicht alleine ist. Auch wenn mir keiner zusieht, was ich hier eintippe, das geht hinaus in die Welt. Man sollte immer mitdenken, was man tut. Einfach nachdenken ob ich das eingeben muss, oder ob es nicht doch zu sensibel ist und ich es eher über Telefon besprechen sollte. Erst nachdenken, dann posten.

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