EU Die EU ringt um eine Antwort auf Trump

Brüssel · Noch neun Tage bleiben, um die Strafzölle auf Stahl und Aluminium durch die USA abzuwenden. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström ist skeptisch, ob das gelingen kann.

  Ein Stahlarbeiter prüft am Hochofen 8 bei ThyssenKrupp die Stahlqualität nach dem Abstich. Auch zwischen der EU und den USA geht es in Sachen Stahlzölle derzeit heiß her.

 Ein Stahlarbeiter prüft am Hochofen 8 bei ThyssenKrupp die Stahlqualität nach dem Abstich. Auch zwischen der EU und den USA geht es in Sachen Stahlzölle derzeit heiß her.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Die Beziehungen zwischen der EU und den USA sind hochgradig belastet. Es gibt zwei große Konfliktherde, die ausstrahlen auf die politischen und handelspolitischen Beziehungen zwischen Brüssel und Washington. Zum einen ist da die Galgenfrist vom 1. Juni, die die US-Regierung den Europäern bei den drakonischen Strafzöllen auf Stahl und Aluminium gewährt hat. Die Europäer verlangen, dass sie dauerhaft ausgenommen werden, machen sich aber wenig Hoffnung, dass sie erhört werden. Zum anderen ist  da die Aufkündigung des Iran-Abkommens durch US-Präsident Donald Trump. Dies ist für die EU nicht nur eine  politische Herausforderung, weil sie dies für einen schweren Fehler hält. Vielmehr bedeutet es auch eine wirtschaftliche Bedrohung für die EU: Die USA verlangen, dass sich die europäischen Unternehmen aus den Iran-Geschäften zurückziehen.

Das ist die unangenehme Ausgangslage, als sich die Wirtschafts- und Handelsminister der 28 EU-Mitgliedstaaten in Brüssel treffen. Die EU ringt um eine Antwort auf Trump. Der Außenminister Luxemburgs, Jean Asselborn, macht kein Hehl daraus, wie ausweglos die Situation der Europäer ist. Die Europäer seien „wie Getriebene“, räumt er ein. Der alte Kontinent sei „nicht auf den Wechsel der Weltordnung eingestellt“. Die Europäer seien immer für den freien Welthandel gewesen und würden sich „jetzt in einem komplett neuen Film“ wiederfinden. Und dann sagt er einen Satz, der für einen Politiker recht ungewöhnlich ist: „Als Außenminister bin ich schon etwas verzweifelt“.

Bei den drohenden Strafzöllen redet EU-Kommissarin Cecilia Malmström seit Wochen mit US-Handelsminister Wilbur Ross. Es sind aber keine förmlichen Verhandlungen. Ein EU-Diplomat: „Man kann Verhandlungen nicht führen, wenn uns die Gegenseite eine Pistole an die Stirn gesetzt hat.“ Es werde aber geredet. Malmström selbst zeigt sich einigermaßen pessimistisch, dass die Amerikaner die EU am Ende dauerhaft von den Zöllen ausnehmen werden. „Ich denke, sie halten es für unzureichend“, sagte sie im Hinblick auf das Angebot der EU an die USA.

Das Angebot Brüssels umfasst vier Punkte: Unter der Voraussetzung, dass die EU dauerhaft von den Strafzöllen auf Stahl und Aluminium ausgenommen bleibt, sei die EU zum einen bereit, über eine Angleichung von Zöllen auf Industrieprodukte wie Autos, Lastwagen und Pickups zu verhandeln. Zweitens könnten die Europäer mehr Flüssiggas aus den USA beziehen, um das Handelsbilanzdefizit anzugehen. Drittens könnten nichttarifäre Handelsschranken wie etwa Industrienormen angepasst werden. Viertens könnten Brüssel und Washington gemeinsam eine Reform der Welthandelsorganisation WTO angehen.

Malmström stellte den Handelsministern der EU bei einem Mittagessen ihre Strategie für die Gespräche mit Ross vor. Noch neun Tage bleiben ihr, um die US-Seite an den Verhandlungstisch zu bekommen. Der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) trat Spekulationen entgegen, Paris und Berlin zögen nicht an einem Strang. „Die Position von Malmström ist einhellig begrüßt worden.“ Die Bundesregierung, der nachgesagt wird, lieber defensiver vorzugehen, sei keineswegs isoliert. „Am Ende des Mittagessens haben der deutsche Wirtschaftsminister und die EU-Kommissarin Positionen, die sich sehr stark angenähert haben.“

Bei der Frage, wie die EU mit der Aufkündigung des Iran-Abkommens durch die USA umzugehen hat, ist der deutsche Wirtschaftsminister offen zögerlicher als andere: Die EU prüft, ob sie eine Verordnung aus dem Jahr 1996 wieder in Kraft setzt, die sogenannte „Blocking“-Verordnung. Sie sieht vor, dass Unternehmen aus Europa Strafzahlungen drohen, sollten sie den US-Sanktionen Folge leisten und sich aus dem Iran-Geschäft zurückziehen. Altmaier machte deutlich, dass er dieses Instrument kritisch sieht: „Man muss immer auch genau hinschauen, ob wir unsere Unternehmen mit diesem Instrument wirklich schützen.“ Altmaier nannte die Verordnung auch ein „sehr scharfes Schwert“.

Die Blocking-Verordnung sieht zudem vor, dass die EU Unternehmern helfen will, Entschädigung einzutreiben, wenn ihnen durch die US-Sanktionen wirtschaftliche Schäden entstehen. Hinter vorgehaltener Hand räumen EU-Diplomaten ein, dass die „Blocking“-Verordnung vor allem ein politisches Signal in Richtung Iran sei. Den moderaten Kräften in Teheran solle so ein Argument verschafft werden, um die Hardliner zu überzeugen, bei der Stange zu bleiben. In Brüssel ist man sich bewusst, dass die praktischen Folgen der Verordnung sehr begrenzt sein dürften: Letztlich könne man keinem Unternehmen vorschreiben, weiterhin im Iran zu investieren. Es sei zudem so gut wie aussichtslos, von den USA Geld einzuklagen, wenn Unternehmen in Europa einen finanziellen Schaden durch die US-Iran-Sanktionen erleiden.

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