Europa und die Region Zahlt ländlicher Raum Brexit-Zeche?

Trier · Die Länder sind wegen der finanziellen Folgen des britischen EU-Austritts besorgt. Bisher fördert die Europäische Union viele regionale Projekte.

 Symbolbild. Europäische Union in der Krise.

Symbolbild. Europäische Union in der Krise.

Foto: TV/Katharina Fäßler

Wer wissen möchte, was konkret die Europäische Union in seiner Heimatstadt oder anderswo gefördert hat, kann das im Internet in Erfahrung bringen. Auf der Seite www.what-europe-does-for-me.eu („Was tut Europa für mich?“) wird aufgelistet, welche Projekte etwa durch Gelder aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes oder einem anderen Topf unterstützt worden sind. Da steht dann beispielsweise, dass 71 000 Euro EU-Gelder in Wanderwege im Naturpark Eifel geflossen sind oder im Kreis Trier-Saarburg mehreren mittelständischen Unternehmen bei der Entwicklung von umweltfreundlichen Produktionsverfahren finanziell unter die Arme gegriffen wurde.

So etwas zu wissen, sei wichtig, „um Europa an die Leute ranzubekommen“, sagt Sabine Sütterlin-Waack. Wenn die schleswig-holsteinische Europaministerin von Bürgern mit dem Vorurteil konfrontiert wird, dass Deutschland ja nichts von Europa habe, sondern nur der Zahlmeister sei, zählt die CDU-Politikerin nach einem Blick ins Internet die in der Region geförderten Projekte auf –  und das Vorurteil ist vom Tisch.

Nun allerdings schwebt über der EU-Förderkulisse ein Damoklesschwert. Machen die Briten ernst und scheiden aus der Europäischen Union aus, fehlen nach Schätzungen des bisherigen Haushaltskommissars Günther Oettinger jährlich bis zu 14 Milliarden Euro. Da liegt es auf der Hand, dass ab dann auch die europäischen Fördertöpfe weniger gut gefüllt sind.

Wenn sie daran denken, haben die Europaminister der 16 Bundesländer Sorgenfalten im Gesicht. Das wurde bei einem zweitägigen Treffen unter Federführung der rheinland-pfälzischen Staatssekretärin Heike Raab in Trier deutlich, das am Donnerstag zu Ende gegangen ist. In einem 16 Punkte umfassenden Papier formulieren die Minister ihre Erwartungen an die Mitte nächsten Jahres beginnenden deutsche EU-Ratspräsidentschaft.

Dabei geht es natürlich auch um das Thema Geld. Die Befürchtung ist, dass es insbesondere der ländliche Raum und ärmere Regionen künftig schwerer haben könnten, ausreichend Zuschüsse für Projekte zu bekommen. „Vieles in den Bereichen Landwirtschaft oder Küstenschutz könnten wir ohne EU-Fördermittel alleine nicht stemmen“, sagt die schleswig-holsteinische Ministerin Sabine Sütterlin-Waack.

Für Rheinland-Pfalz gilt laut Heike Raab Ähnliches. So stehen nach Angaben der EU nur für die Entwicklung des ländlichen Raums zwischen 2014 und 2020 rund 300 Millionen Euro bereit. Aus dem Europäischen Sozialfonds bekam Rheinland-Pfalz im gleichen Zeitraum knapp 110 Millionen Euro für Beschäftigungs- und Bildungsprojekte.

„Es darf keine Förderlücke geben“, forderte auch die niedersächsische Europaministerin Birgit Honé. Ansonsten wachse die Gefahr, dass sich die Bürger in ländlichen Regionen zunehmend abgehängt vorkämen. Letztlich habe ein solches Gefühl auch den Brexit begünstigt, so die SPD-Politikerin. Nach den Plänen der EU könnten laut Honé künftig allein für die Attraktivitätssteigerung der ländlichen Räume gut ein Viertel weniger Mittel zur Verfügung stehen. Weil die Bundesländer das kaum kompensieren können, sollte die EU nach Ansicht der Europaminister über eigene Einnahmemodelle, etwa eine Finanztransaktionssteuer, nachdenken.

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