Wiederholungstäter vor Gericht Ein Jahr Haft für Hitlergruß: Warum ein Angeklagter seit Jahrzehnten immer wieder vor Gericht steht

Düsseldorf · Das Amtsgericht sah keine Bewährungschance für den 56-jährigen Wiederholungstäter, der auch in Trier wegen illegalen Waffenbesitzes angeklagt ist. Was ihn vor Gericht zu bitteren Tränen rührte.

 Der Angeklagte wurde aus der U-Haft vorgeführt.

Der Angeklagte wurde aus der U-Haft vorgeführt.

Foto: RP/wuk

Ein Jahr Haft  für Hitlergruß und üble rassistische Beleidigungen – diese Rechnung hat eine Amtsrichterin am Donnerstag einem 56-jährigen Wiederholungstäter präsentiert. Er hatte gestanden, angeblich unter Alkoholeinfluss im April und Juli 2021 am Burgplatz wildfremde Passanten mit dem Hitlergruß bedacht und zwei von ihnen als „Scheiß-Ausländer“ tituliert zu haben, denen er „in die Fresse hauen“ wolle, wenn sie nicht weggingen. Weil er wegen ähnlicher Taten noch eine Haftstrafe offen hatte, verhängte die Richterin jetzt eine Gesamtstrafe  ohne Bewährung.

Zu bitteren Tränen gerührt war der seit 1984 vielfach aktenkundige Angeklagte erst, als es im Prozess jetzt um sein eigenes Schicksal ging. Denn nachdem er einen ersten Verhandlungstermin wegen des doppelten Hitler-Grußes im Juli einfach geschwänzt hatte, war er per Haftbefehl gesucht worden. Als man ihn im August in Trier als Schwarzfahrer ertappte, fanden dortige Beamte bei ihm eine scharfe Schusswaffe. Im Ergebnis kam der Angeklagte also in U-Haft – und weinte darüber jetzt sehr. „Ich habe erst jetzt realisiert, was Haft bedeutet. Hinter Gittern habe ich ganz viele schlimme Leute wie Drogendealer getroffen, die unbelehrbar sind“, klagte er der Richterin unter Tränen.

Die Vorwürfe vom Burgplatz gab er sofort zu. Seine Anwältin: „Wenn er etwas getrunken hat, klinkt bei ihm irgendetwas aus!“ Inzwischen aber sei bei ihrem Mandanten (auch nach nun drei Monaten in U-Haft) ein grundlegender Sinneswandel eingetreten: „Er schämt sich sehr!“

Dabei kennt sich der Angeklagte schon seit 28 Jahren mit solchen oder ähnlichen Gerichtsverfahren aus, ist vielfach vorbestraft, unter anderem wegen wiederholter Verunglimpfungen, Schmähkritik und Nazi-Gesten. Die frühere Haftstrafe von achteinhalb Monaten, die noch offen war, stockte die Richterin deshalb auf zwölf Monate auf. Von einer Bewährungs-Chance könne hier keine Rede sein, so ihr Urteil. Zumal der Staatsanwalt ausdrücklich auf eine offenbar tiefgreifende, fremdenfeindliche Gesinnung des Angeklagten hingewiesen und deshalb eine Gesamtstrafe von 14 Monaten gefordert hatte.

Und den Strafprozess wegen des illegalen Waffenbesitzes in Trier hat der Angeklagte Anfang kommenden Jahres dann zusätzlich noch vor sich.

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