Nato-Tanklager Nach Gefahrstoff-Unfall in Lichtenborn: Was lagert da im Eifelboden?

Lichtenborn/Stalbach · Nach dem Gefahrstoff-Unfall bei Lichtenborn fragen sich viele, warum in einer alten, stillgelegten Nato-Tankleitung noch Flüssigkeit schwimmen kann. Ein paar Antworten haben wir gefunden.

 Die Feuerwehr am Mittwoch im Gefahrstoff-Einsatz bei Lichtenborn.

Die Feuerwehr am Mittwoch im Gefahrstoff-Einsatz bei Lichtenborn.

Foto: TV/Frank Auffenberg

Die Aufregung war groß, als gestern die Nachricht die Runde machte: In Stalbach, einem Örtchen bei Lichtenborn, ist Kerosin aus einer alten Nato-Leitung ausgetreten. Ein Pflug, der dort einen Kanal für Versorgungsleitungen der neuen Windkraftanlagen zieht, hatte die Leitung getroffen und beschädigt, anschließend lief Kerosin in die Erde.

Oder vielleicht noch etwas anderes? „Wir wissen noch nicht, ob es Kerosin ist“, sagt Jürgen Larisch. Der Kreis-Feuerwehrinspekteur war beim Einsatz am Mittwoch in Stalbach dabei und kann inzwischen mehr Details zu dem Vorfall liefern: Es habe schnell festgestanden, dass es sich um eine brennbare Flüssigkeit handelte, die aus der alten Leitung ausgelaufen war. Kerosin, Benzin, etwas anderes – das stehe auch am Tag danach noch nicht fest.

Andreas Kruppert, der Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Arzfeld, stellt sich die Frage, die aktuell vielen durch den Kopf gehen dürfte: „Warum ist da noch was drin?“ Die großen Tanks in der Erde von Stalbach, in denen der Treibstoff damals gelagert wurde, seien nach der Stilllegung der Nato-Anlage geleert worden.

Die Leitung übrigens, sagt Jürgen Larisch, verlief von Stalbach ins nahe Üttfeld: Dort betrieben die französischen Streitkräfte eine Füllstation. Der Sprit aus Stalbach wurde aus den Erdtanks hinaus dorthin gepumpt, in Kanister abgefüllt und per Lastwagen zu den Truppen gefahren.

Warum? „Im Kriegsfall“, sagt Larisch, „braucht man Kanister.“ Deshalb seien diese militärischen Füllstationen auch immer abseits der Lager gebaut worden, damit nicht bei einem Luftangriff gleich alles auf einmal zerstört werde.

Bei der Stilllegung sei auch diese Leitung dann durchgespült, versiegelt und in der Erde liegen gelassen worden, sagt Jürgen Larisch. „In der Hoffnung, dass da nie was passiert. Aber es bleibt immer etwas drin.“

Und der Pflug habe die Leitung ausgerechnet an ihrer tiefsten Stelle, 90 Zentimeter unter der Oberfläche, aufgerissen. Also genau dort, wo sich über die Jahrzehnte vermutlich alle Restbestände der Flüssigkeit gesammelt haben.

Die Bauarbeiter, sagt Einsatzleiter Thomas Zender, zugleich stellvertretender Wehrleiter der VG Arzfeld, hätten nach ihrem Malheur etwas Flüssigkeit auf eine Schaufel genommen und ein Feuerzeug drangehalten. Ergebnis: brennt. Die Wehr deckte deshalb zunächst alles mit Schaum ab, „damit keine Entzündungsgefahr mehr bestand“, sagt Zender.

Dann ging man daran, alles aufzufangen, was ausgelaufen war. „Als wir alles abgesaugt hatten“, sagt Thomas Zender, „hatten wir 1000 Liter.“ Allerdings war das nicht allein der brennbare Stoff, sondern auch Regen- und Grundwasser – und was sich sonst noch über die Jahrzehnte rund um die alte Leitung gesammelt haben mag. Und weil das Rohr nicht mehr abzudichten war, setzten sie eine Betonplombe drauf, sodass nichts mehr austreten kann. Alles Weitere, sagt Zender, müsse jetzt der Eigentümer – die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben – entscheiden. Vermutlich wird sich eine Spezialfirma des Problems und einer dauerhaften Lösung annehmen. Eine Anfrage an die Bundesanstalt von unserer Zeitung ist derzeit noch nicht beantwortet.

Im Einsatz in Stalbach am Mittwoch waren neben Polizei Prüm, DRK und Unterer Wasserbehörde die Freiwilligen Feuerwehren aus Lichtenborn, Üttfeld und Arzfeld, die Messeinheit des Gefahrstoffzugs Waxweiler und Kameraden des Gefahrstoffzugs Prüm, insgesamt 40 Kräfte.

Die Kriminalinspektion Wittlich ermittelt derzeit, ob jemand – und wer – wegen eines Umweltvergehens haftbar gemacht werden könne, sagt Richard Schleder, der stellvertretende Leiter der Inspektion Prüm. Die Flüssigkeit werde untersucht, das Ergebnis könne noch eine Zeit lang auf sich warten lassen.

Fest steht aber inzwischen noch etwas anderes: Es hätte alles noch deutlich schlimmer ausgehen können. Denn anfangs gab es Befürchtungen, der Pflug könnte eine ganz andere Leitung getroffen haben: Die große Pipeline, die vom Hafen in Rotterdam aus die Nato-Flugplätze in Europa mit Diesel, Benzin und Kerosin versorgt. Darauf angesprochen, sagt Jürgen Larisch: „Zum Glück war es die nicht.“

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