Gauck: „Ich bin empört über politische Nostalgie“

Berlin (dpa) · Der ehemalige Beauftragte für die Stasi- Unterlagen, Joachim Gauck, sieht 20 Jahre nach dem Mauerfall bei vielen Ostdeutschen noch immer Skepsis gegenüber dem vereinten Deutschland: „Die Freude an der Freiheit hat sich in Furcht vor der Freiheit verwandelt“.

Besonders Menschen, die in der offenen westlichen Gesellschaft „weniger Glück“ hatten, lehnten die Freiheit ab, sagte der 69 Jahre alte frühere DDR- Bürgerrechtler im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa.

„Häufig kommt der Protest gegen die Zustände bei uns nicht von den unterprivilegierten Gruppen der Bevölkerung, sondern von gut situierten Bediensteten des öffentlichen Dienstes. Hier sind sehr viele, die quasi professionelle Bedenkenträger sind“, sagte der ehemalige evangelische Pfarrer.

Besonders die „von einer Partei“ betriebene politische Nostalgie fördere die Ablehnung Gesamtdeutschlands, sagte Gauck in Anspielung auf die Linkspartei. „Ich bin empört über politische Nostalgie, weil sie die harten Tatsachen der Diktatur ständig ausblendet.“ Es gebe aber auch eine von vielen Ostdeutschen praktizierte unpolitische Form, die gerne an das Gute erinnert. „Diese Erinnerung kommt völlig ohne Schmerzen, Scham und Trauer aus“, betonte der Mitbegründer der Bürgerbewegung Neues Forum.

Für ihn persönlich seien die wesentlichen Ziele der damaligen Bürgerbewegung erfüllt. „Wir sind ein freies Land, wir haben Grundrechte und sind ein Rechtsstaat. Das hatte ich 50 Jahre meines Lebens nicht“, sagte der gebürtige Rostocker. Deswegen sei er nicht enttäuscht, sondern von Freude und Dankbarkeit über die Einheit geprägt.

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