Justizministerin schlägt Grundgesetzänderungen vor

Berlin (dpa) · Zum 60. Jahrestag der Grundgesetz-Verkündung hat Bundesjustizministerin Brigitte Zypries mehrere Verfassungsänderungen ins Gespräch gebracht.

In einer Beilage der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ forderte die SPD-Politikerin einen besseren Schutz für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften. Zudem sprach sie sich dafür aus, die Unterscheidung zwischen Deutschen und Ausländern im Grundgesetz aufzuheben. Dies könne „ein Zugewinn an Rechtsklarheit und ein Symbol der Integration sein“, schrieb Zypries.

Im „Mannheimer Morgen“ regte die SPD-Politikerin die Aufnahme eines eigenen Kindergrundrechts an. Darin solle etwa ein Recht auf gewaltfreie Erziehung und auf Entfaltung der Persönlichkeit stehen. „Die Belange von Kindern müssten dann beispielsweise bei der Gesetzgebung, in der Verwaltung und vor den Familiengerichten noch stärker berücksichtigt werden“, sagte Zypries.

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, lobte das Grundgesetz in der „Bild“-Zeitung als „die beste Verfassung, die Deutschland je hatte“. Es zeichne sich durch „Klarheit, Kürze und Verbindlichkeit“ aus. Als Änderungswunsch nannte er, ein Selbstauflösungsrecht des Bundestages festzuschreiben. Zudem sprach er sich für die Einführung von „Volksinitiativen“ auf Bundesebene aus, bei denen Bürger Gesetzgebungsverfahren anstoßen können. Volksabstimmungen über Bundesgesetze erteilte er eine Absage.

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) rief die Politik zur mehr Achtung vor dem Grundgesetz auf. Der scheidende DAV-Präsident Hartmut Kilger wandte sich beim 60. Deutschen Anwaltstag insbesondere gegen Regelungen des neuen BKA-Gesetzes. „Die Politik hat bei diesem Gesetz nichts aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gelernt“, sagte er am Donnerstag in Braunschweig. Zwar wolle er dem Gesetzgeber nicht unterstellen, absichtlich die Grenzen der Verfassungsmäßigkeit auszutesten. Allerdings gebe es eine „schleichende Entwicklung“, grundlegende Rechte auszuhöhlen.

Die Kirchen hoben die Flexibilität des Grundrechte-Katalogs hervor und warnten vor seiner Überfrachtung. „Das Grundgesetz erlaubt und ermöglicht eine behutsame Fortentwicklung und Fortschreibung“, erklärten am Mittwoch die Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Erzbischof Robert Zollitsch und Bischof Wolfgang Huber. Jedoch brauche es „Augenmaß, um aus dem Grundgesetz nicht ein Stückwerk der Beliebigkeit zu machen, das die bewährte Verfassungsgrundlage unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung entwertet“.

Der Zentralrat der Muslime kritisierte unterdessen verbreitete Zweifel an der Verfassungstreue deutscher Muslime. „Für eine große Mehrheit der Muslime in Deutschland ist es eine Selbstverständlichkeit, Bürger dieses Staates zu sein und auf dem Boden der Verfassung zu stehen“, betonte der Generalsekretär Aiman A. Mazyek im „Tagesspiegel“.

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