Schwerpunkt: Klima Auch Lehrer sollen auf die Straße gehen

Trier · Gewerkschaften rufen zur Teilnahme an den heutigen Klimaprotesten auf. Auch Lehrer sollen sich beteiligen. Das kommt aber beim Land nicht gut an.

  Die Trierer Klimaaktivisten haben Karl Marx für ihre Idee „gewonnen“.

Die Trierer Klimaaktivisten haben Karl Marx für ihre Idee „gewonnen“.

Foto: TV/Privat

„Nein“, sagt Michael Schmitz, „die Stadtverwaltung geht nicht demonstrieren und plant auch keine eigenen Aktionen.“ Der Trierer Rathaussprecher verweist aber auf die vielfältigen „Anstrengungen“ der Stadt für den Klimaschutz. Als Beispiele nennt er die seit April neu geschaffene Stabsstelle Klima- und Umweltschutz, dass Trier als erste Stadt in Deutschland einen Aktionsplan Entwicklungspolitik aufgelegt habe und nicht den Klimanotstand, den der Trierer Stadtrat kürzlich ausgerufen habe. Die Lokale Agenda 21, die sich für eine klimaneutrale und nachhaltige Stadtentwicklung einsetzt, begrüßt die Entscheidung zum Klimanotstand, weist aber gleichzeitig daraufhin, dass noch enormer Handlungsbedarf bestehe, damit der CO2-Ausstoß in Trier bis 2030 um 50 Prozent reduziert werden könne. Die Trierer Stadtverwaltung wird wohl keine Ausnahme bleiben. Trotz des Aufrufes des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), dass sich Arbeitnehmer an den für heute stattfindenden Klimaprotesten der Schülerbewegung Fridays for Future zu beteiligen, scheint die Resonanz darauf zurückhaltend zu sein. In Trier hat unter anderem eine Buchhandlung und ein Bio-Geschäft angekündigt, den Protest zu unterstützen, indem sie ihre Geschäfte erst später öffnen.

Wenn sich an diesem Freitag in Berlin das Klimakabinett der Bundesregierung trifft, soll es an mehr als 20 Orten in Rheinland-Pfalz Kundgebungen geben. In der Region sind Demonstrationen unter anderem in Trier und Bitburg während der Schulzeit geplant. In Gerolstein soll um 7.30 Uhr protestiert werden, in Bernkastel-Kues und Daun soll es nach der Schule Aktionen geben.

DGB-Landesvorsitzender Dietmar Muscheid rief alle Beschäftigten dazu auf, sich „außerhalb Ihrer Arbeitszeit“ am heutigen Freitag am Klimaaktionstag zu beteiligen, um „gemeinsam Flagge für einen sozialen und ökologischen Wandel zeigen“. Für Irritationen gesorgt hat der Aufruf der Lehrergewerkschaft GEW. Sie hat „alle Kolleginnen und Kollegen zur Teilnahme an regionalen Veranstaltungen und Demonstrationen“ aufgerufen, aber gleichzeitig betont, dass es sich nicht „um einen tatsächlichen Streikaufruf im Sinne einer Arbeitsniederlegung“ handele. Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) sagte gestern im Landtag, dass sie die Anliegen der Bewegung Fridays for Future grundsätzlich begrüße, verwies aber gleichzeitig auf die Rechte und Pflichten von Lehrern und Schülern. „Es gilt die Schulpflicht“, sagte Hubig. Aktionen von Fridays for Future seien keine schulischen Veranstaltungen. Sollten Lehrer nicht zum Unterricht erscheinen, wäre das ein unerlaubtes Fernbleiben, eine Dienstpflichtverletzung.

Bei Schülern drückt das Land aber offenbar eher ein Auge zu. Schulen sollten im Einzelfall entscheiden, ob und welche Sanktionen verhängt würden, sagte Hubig. „Das kann auch bedeuten, keine Sanktionen auszusprechen.“

In Trier haben Eltern, die sich in der Initiative Parents for Future zusammengeschlossen haben, in einem offenen Brief an Schulleitungen appelliert, auf Strafen für Schüler zu verzichten, „die sich für unser aller Zukunft engagieren“. Schulen sollten es ermöglichen, dass im Sinne eines Projekttags Schüler und Lehrer gemeinsam an geplanten Demonstration der Fridays-for-Future-Bewegung in der Trierer Innenstadt teilnehmen können. Streiks seien kein Grund, Schüler zu beurlauben, sagt Andreas Merzhäuser, Schulleiter des Bitburger St.-Willibrord-Gymnasium. „Wer trotzdem an den Demonstrationen teilnimmt, muss damit rechnen, dass die Stunden als unentschuldigte Fehlstunden vermerkt werden.“ Ähnlich verfährt man auch im Trierer Humboldt-Gymnasium: „Bei Schülern der Unter- und Mittelstufe werden die Eltern unverzüglich telefonisch informiert, dass ihr Kind unerlaubt das Schulgelände verlassen hat. Betroffene Schüler aller Klassenstufen erhalten unentschuldigte Fehlstunden.“ Auf „schulische Ordnungsmaßnahmen oder erzieherische Einwirkung“ werde aber verzichtet. Anders die Situation an den kirchlichen Schulen in Trier, dem Angela-Merici-Gymnasium und der Blandine-Merten-Realschule. Das Generalvikariat des Bistums zur Teilnahme an dem Klimaprotest aufgerufen habe, komme man dem Aufruf „auf freiwilliger Basis“ nach, heißt es vom Angela-Merici-Gymnasium. „Sollte aus der Schülerschaft der Wunsch erwachsen, an den Veranstaltungen geschlossen teilzunehmen, so würden die Mitglieder der Schulgemeinschaft über eine geeignete Form der Teilnahme beratschlagen“, sagt Thorsten Schaller, Schulleiter der Blandine-Merten-Realschule.

In Luxemburg, wo es heute auch Schülerproteste für ein besseres Klima geben soll, gibt es keine Ausnahme. Das dortige Bildungsministerium hat angekündigt, dass alle Schüler, die demonstrierten, einen Zeugniseintrag bekommen würden wegen unentschuldigtem Fehlens.

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