Wettbewerb Google, die Forschung und das liebe Geld

Brüssel · Eine Studie kritisiert die Nähe zwischen dem Internetkonzern und einem Berliner Institut, das die Humboldt-Universität gegründet hat.

  Der Google-Schriftzug ist auf einem Tablet zu sehen.

 Der Google-Schriftzug ist auf einem Tablet zu sehen.

Foto: dpa/Lukas Schulze

Der Internetkonzern Google sponsert mit hohen Millionenbeträgen Forschungseinrichtungen zur Digitalisierung in Europa. Allein das Berliner Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG), das 2012 mit einer Spende des Internetgiganten in Höhe von 4,5 Millionen Euro gegründet wurde, hat bis heute mindestens neun Millionen Euro an Fördergeldern von Google bekommen. Google soll über das finanzielle Engagement bei dem HIIG und über andere Sponsoring-Aktivitäten ein subtiles Lobbyingsystem in Berlin und anderen wichtigen Hauptstädten der EU aufgebaut haben. Dies ist die These der Studie „Google‘s Einfluss auf Akademiker in Europa“, die die in den USA ansässige Organisation „Campaign for accountability“ (Kampagne für Verantwortlichkeit) veröffentlicht hat. Die Organisation, die letztes Jahr bereits einen Bericht über das Google-Sponsoring in den USA vorgelegt hat, wird finanziell unterstützt vom Google-Rivalen Oracle.

Die Autoren stellen einen Zusammenhang zwischen dem hohen finanziellen Engagement von Google bei Forschungseinrichtungen in Europa und den Regulierungsbestrebungen der Bundesregierung und der EU-Kommission her. Die Gelder flössen vermehrt, seitdem die Bundesregierung Schritte zur Eindämmung der Macht von Google unternehme wie etwa das Leistungsschutzrecht und seitdem EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager Ernst machte in dem Verfahren, in dem sie dem Internetgiganten Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung vorwirft und schließlich mit einer Rekordbuße in Höhe von 2,4 Milliarden Euro belegte. Weltweit bietet wohl nur in Europa die Politik Google und anderen Internetplattformen die Stirn: So legt in den nächsten Tagen die EU-Kommission ihren Vorschlag für eine Digitalsteuer vor, die auch einen Teil der Google-Gewinne abschöpfen soll.

Außerdem fällt im April in den zuständigen Ausschüssen im Europaparlament die Vorentscheidung über das sogenannte Verlegerrecht. Damit will die EU-Kommission dafür sorgen, dass die Verlage von Online-Plattformen wie Google einen fairen Anteil an den Werbeerlösen bekommen.

Das HIIG wurde von der Humboldt Universität, der Universität der Künste und zwei weiteren Forschungsinstituten gegründet. Das HIIG, das von Thomas Schildhauer und Wolfgang Schulz geleitet wird, bezeichnet sich als „unabhängig“, verhehlt aber nicht, dass es durch „private, nicht zweckgebundene Mittel“ finanziert wird. Laut HIIG-eigener Seite im Netz ist Google Hauptgeldgeber, 70 Prozent des Etats für 2018 kommen von Google, allein 2017 bis 2019 sind 2,25 Millionen von Google als „Grundfinanzierung“ eingeplant sowie Gelder in gleicher Höhe als Zuschuss zu eingeworbenen Drittmitteln. Laut der Studie hat das HIIG bis heute 240 Aufsätze veröffentlicht zu auch Google-betreffenden Themen wie etwa Regulierungsfragen im Netz. Das HIIG gebe zudem ein Journal heraus, das von Google finanziert werde und an dem Forscher mit Google-Bezug beteiligt seien.

Bei der Gründung des HIIG habe Eric Schmid von Google die Erwartungen an das Millionen-Investment deutlich gemacht: „Ich glaube, es macht das Internet stärker. Ich glaube, es wird das Verständnis der Deutschen für die Vorgänge erhöhen, und es wird Google stärker machen.“ Laut der Studie ist Google ferner personell in den Gremien des HIIG vertreten, die Entscheidungen über Zuschüsse an das Institut und andere Forschungseinrichtungen fällen. Bei Veranstaltungen, die das HIIG ausrichte, hätten zudem Google-Manager die Möglichkeit, diskret die Nähe und das Gespräch zu hochrangigen deutschen Politikern zu suchen. Daniel Stevens, Mitarbeiter von Campaign for Accountability, sagte gegenüber der Agentur Reuters: Google habe sich ein akademisches Netzwerk aufgebaut, das dem Unternehmen dabei hilft, „auf subtile und heimtückische Weise Einfluss auf die regionalen Entscheidungsträger zu nehmen, was vielfach damit einhergeht, dass diese gar nicht merken, wie sie beeinflusst werden“.

Das HIIG beharrt dagegen in einer Stellungnahme für unsere Zeitung auf seiner Unabhängigkeit. „Das HIIG gewährleistet seine Unabhängigkeit.“ So gebe es etliche Maßnahmen, „um die Förderer des Instituts und unsere Forschungsarbeit strikt zu trennen“.

Das HIIG wiederspricht der Behauptung, für Google zahle sich das Investment aus, indem Forschungsergebnisse im Interesse des Unternehmens ausfielen: Ob ein Thema Google oder andere betreffe, „ist kein Selektionskriterium für unsere Arbeit“. Zurückgewiesen wird auch die Behauptung, zwischen der Veröffentlichung IPR und Google gebe es Verflechtungen: „Wir haben nie und werden niemals unsere Personalentscheidungen von Unternehmen beeinflussen lassen.“

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