Gesundheit Ist ein Trend erkennbar?

Trier · In Rheinland-Pfalz geht der Anstieg der Neuinfektionen zurück. Ist das ein Anzeichen dafür, dass die Maßnahmen wirken? Es gibt vergleichsweise wenig schwere Verläufe. Die Zahl der Intensivbetten reicht aus.

 Noch sind viele Intensivbetten in der Region nicht belegt.

Noch sind viele Intensivbetten in der Region nicht belegt.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

950 Tote innerhalb von 24 Stunden. So viele wie noch nie seit Beginn der Corona-Epidemie in Spanien. Trotzdem ist Gesundheitsminister Salvador Illa optimistisch. Der Höhepunkt sei erreicht, der Anstieg der Infiziertenzahl im Vergleich zum Vortag liege nun bei acht Prozent, „vor einer Woche waren es noch 18 Prozent“.

Selten zuvor hat die Interpretation unterschiedlicher Zahlen und die daraus gezogenen Konsequenzen so weitreichende Folgen gehabt. Nicht nur in Spanien, in ganz Europa und weltweit. Immer wieder schwingen dabei die Fragen mit: Sind die getroffenen, zum Teil rigiden Maßnahmen wirksam – sprich: geht die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus zurück? Und: Wann kann über eine Lockerung der Maßnahmen, die nicht nur soziale, sondern auch weitreichende wirtschaftliche Folgen haben, nachgedacht werden?

Derzeitiger Maßstab ist, die Zahl der schweren Verläufe einer Infektion mit dem Virus auf einen längeren Zeitpunkt gestreckt möglichst gering zu halten. Viele der schwer an der durch das Virus verursachten Lungenkrankheit Covid-19 Erkrankten müssen auf einer Intensivstation behandelt werden, die meisten von ihnen müssen beatmet werden. Und das, wie Oliver Kunitz, Leiter der Intensivmedizin im Trierer Mutterhaus sagt, zwischen zehn und zwölf Tagen.

„Im Extremfall sogar bis sechs Wochen“, ergänzt Tim Piepho. Er ist Leiter der Intensivmedizin im Trierer Brüderkrankenhaus. Grund für die Beatmung sei, dass das Virus die Lunge so sehr schädige, dass sie nicht mehr genügend Sauerstoff aufnehmen könne. Daher müsse möglichst viel Sauerstoff mit viel Druck in die Lunge gepumpt werden.

Laut einer tagesaktuellen Übersicht der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) waren gestern Nachmittag in Rheinland-Pfalz 75 mit dem Coronavirus Infizierte auf Intensivstationen, 59 davon mussten beatmet werden. Es müssen aber nicht nur Covid-Patienten intensivmedizinisch betreut werden, auch andere etwa nach schweren Operationen oder wegen Herzinfarkten oder Schlaganfällen. Dem DIVI-Register zufolge waren gestern 359 der Intensivbetten aller dort gemeldeten 975 Kliniken im Land belegt, 268 standen innerhalb der kommenden 24 Stunden zur Verfügung. Deutschlandweit befanden sich gestern 2139 Covid-Patienten auf Intensivstationen, 84 Prozent (1797) davon mussten beatmet werden. Innerhalb einer Woche hat sich laut DIVI-Angaben demnach die Zahl der Corona-Fälle auf Intensivstationen vervierfacht.  Insgesamt waren in ganz Deutschland am Donnerstag 11 500 Intensivbetten belegt und 9020 frei. Wegen der Corona-Krise haben die Kliniken in Deutschland die Zahl der Intensivbetten von etwa 28 000 auf rund 40 000 erhöht, etwa 30 000 davon sind mit Beatmungsgeräten ausgerüstet.

Um möglichst auch bei einer weiteren Zunahme der schweren Verläufe bei Corona-Infektionen weiterhin auch ausreichend Intensivbetten für nicht an Covid Erkrankte zur Verfügung zu haben, wurde auch in einigen Kliniken in der Region die Kapazität erhöht. In Trier stehen im Mutterhaus Nord, wo ausschließlich Corona-Patienten behandelt werden sollen, 24 Intensivbetten mit Beatmungsplätzen zur Verfügung – zusätzlich zu denen im Brüderkrankenhaus und den beiden anderen Mutterhaus-Standorten. Diese Intensivbetten sollen möglichst den nicht an Covid erkrankten Patienten vorbehalten bleiben.

Damit fühle man sich gut gerüstet, betont der medizinische Geschäftsführer des Mutterhauses, Christian Sprenger. Allerdings, sagt Tim Piepho, wisse man nicht, „was wirklich kommt“.

Ob die Zahl der schwer kranken Corona-Patienten, die beatmet werden müssen, weiter steigen und damit die Kapazität der Intensivbetten nicht ausreichen wird. Deswegen hält das für die Seuchenbekämpfung zuständige Robert Koch-Institut (RKI) „von jetzt an und in den nächsten Wochen“ auch „maximale Anstrengungen“ für erforderlich „um die Covid-19-Epidemie in Deutschland zu verlangsamen, abzuflachen und letztlich die Zahl der Hospitalisierungen (Anmerkung der Redaktion: Krankenhaus-Behandlungen), intensivpflichtigen Patienten und Todesfälle zu minimieren“.

Damit sind dann auch die Kriterien vorgegeben, die erfüllt sein müssen, um die Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren zu lockern. In diesem Zusammenhang wird von Kritikern der Maßnahme oft auch darauf verwiesen, dass es sich bei den sogenannten Corona-Toten, zumeist um Personen handele, die wegen diverser anderer Erkrankungen wohl auch gestorben wären und die Infektion nicht unbedingt Todesursache sei. Dazu stellt Kunitz klar, dass Covid-19 sehr wohl die Todesursache sei, unabhängig von Vorerkrankungen. Diese Patienten würden an einem akuten Lungenversagen sterben. In der Region sind bis gestern Mittag insgesamt zwei Covid-Patienten gestorben, einer aus dem Kreis Trier-Saarburg und einer aus der französischen Region Grand Est, der in Trier behandelt wurde.

Statistisch gesehen die meisten Corona-Fälle in der Region gibt es im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Dort kommen laut RKI rund 105 Infizierte auf 100 000 Einwohner. Wie überall in der Region hat sich dieser Wert in den vergangenen sieben Tage nahezu verdoppelt.

Aber offenbar zeigt sich in Rheinland-Pfalz zumindest ein positiver Trend. Die Zahl der Neuinfektionen steigt weniger stark an. Sie ist von zweistelligen auf einstellige Prozentwerte am Tag zurückgegangen. Gestern vermeldete das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium insgesamt 3276 Infizierte und damit 7,9 Prozent mehr als am Tag zuvor.

„Wir beobachten die Entwicklung der Zahl der Neuinfektionen sehr genau“, sagte Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD). Es sei aber unklar, ob dies ein Trend sei und ob die Maßnahmen entsprechende Wirkung zeigten.

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