Atomkraft Kretschmann drängt auf schnelle Abschaltung Fessenheims

Frankreich hat die Schließung des Atomkraftwerkes Fessenheim beim Besuch von Winfried Kretschmann in Straßburg als unumkehrbar bezeichnet. Klarheit über das Datum könnte im Mai herrschen, wenn sich die Atomaufsicht äußert.

Der baden-württembergischen Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat bei einem Treffen mit französischen Regierungsvertretern auf eine schnelle Abschaltung des Atomkraftwerkes Fessenheim an der Grenze zu Deutschland gedrungen. „Der Umweltstaatssekretär hat mir zugesichert, dass die Abschaltung beschlossene Sache ist und so zügig wie möglich umgesetzt wird“, sagte der Ministerpräsident nach einem Treffen mit dem für die Zukunft Fessenheims zuständigen Regierungsmitglied Sébastien Lecornu in Straßburg. Baden-Württemberg sei zur Zusammenarbeit an einem gemeinsamen grenzüberschreitenden Industriepark bereit, der nach der Schließung von Fessenheim entstehen könnte. Dafür werde Baden-Württemberg für eine Wiederherstellung der direkten Bahnverbindung Colmar-Freiburg werben, denn: „Die Infrastruktur in der Grenzregion muss natürlich stimmen.“

Die Nach-Fessenheim-Ära könne nur in deutsch-französischer Zusammenarbeit ein Erfolg werden, sagte Lecornu. Der Staatssekretär, der das Komitee zur Zukunft Fessenheims leitet, versicherte, dass eine Abschaltung des Atomkraftwerkes „unumkehrbar“ sei. Ein Datum könnte sich im Mai konkretisieren. Dann soll sich die französische Atomaufsicht ASN zur Inbetriebnahme des Druckwasserreaktors EPR in Flamanville äußern, an die das Ende von Fessenheim gekoppelt ist. Lecornu warnte aber davor, Fessenheim zu sehr mit Flamanville in Verbindung zu bringen. „Nicht alles, was in Fessenheim passiert, ist an Flamanville gebunden.“ Fessenheim, das älteste französische AKW im Oberrheingraben, gilt der baden-württembergischen Regierung als Sicherheitsrisiko. Die von Präsident François Hollande für spätestens 2017 angekündigte Schließung lässt allerdings auf sich warten.

Absichtserklärung zu europäischer Universität

Das 2015 verabschiedete französische Energiewendegesetz sieht eine Deckelung der Stromproduktion aus Atomkraft von 63,2 Gigawatt vor. Ein Reaktor kann also nach Interpretation der Regierung nur vom Netz, wenn ein anderer dafür anläuft. In Flamanville verzögert sich dieses Datum allerdings immer weiter. Statt ursprünglich 2012 wird nun 2019 angepeilt. Zuletzt hatte der Betreiber EDF Löcher in 150 Schweißnähten in den Röhren des Sekundärkreislaufs ausgemacht. Davor war mangelhafter Stahl im Reaktordeckel entdeckt worden. „Die Baustelle in Flamanville ist ihrem Ende näher als ihrem Anfang“, sagte Lecornu.

Neben der Atomkraft war auch die Hochschulzusammenarbeit ein Thema von Kretschmanns Besuch. Er unterzeichnete zusammen mit Europaministerin Nathalie Loiseau und dem Präsidenten der Region Grand Est, Jean Rottner, eine Absichtserklärung, den europäischen Campus Eucor mit seinen fünf Standorten am Oberrhein zu einer europäischen Universität auszubauen. Dazu seien zwei konkrete Projekte vorgesehen, sagte Kretschmann: Eines zu Quantenwissenschaften und eines zu Pflanzenwissenschaften. „Wir haben den Ehrgeiz, die erste europäische Universität zu werden.“ Schon heute sei der Oberrhein Leitregion für die europäische Integration. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte in seiner Europa-Rede an der Sorbonne im Herbst europäische Universitäten gefordert.

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