Meinung Arbeitsstreiks helfen der Kulturszene nicht weiter

Die Kultur- und Veranstaltungsbranche schwimmt. Sie greift nach jedem Halm, der Hoffnung verspricht. Sie organisiert Kleinstformate, die nicht kostendeckend sind. Sie schickt Mitarbeiter in Kurzarbeit.

 kk schumitz alexander

kk schumitz alexander

Foto: TV/Frank Auffenberg

Künstler stehen ohne Gagen und Honorare da. Auch den Kulturgenießern ist bange. Für viele fielen in diesem Sommer Konzerte, Festivals, Open-Air-Aufführungen aus. Sie hatten wenige Möglichkeiten, ihre Seele einfach mal baumeln zu lassen.

Es geht nicht allein um die Existenz der Hochkultur, es geht um die Existenz der vielen kleinen Formate, der vielen kleinen Veranstalter, der vielen großartigen Künstler. Die sind meistens nicht gewerkschaftlich organisiert. Vielmehr leben sie von Auftragshonoraren und Gagen. Beides floss diesen Sommer wenig. Viele machen sich Sorgen um ihre Zukunft. Überlegen, Veranstaltungen und Kunst an den Nagel zu hängen, sich einen Job zu suchen, um Butter und Brot bezahlen zu können.

Da mutet es anachronistisch an, wenn Gewerkschaften von Solidarität faseln, aber nur an ihre Mitglieder denken, die im Falle von Verdi im öffentlichen Dienst arbeiten, und so oder so am Monatsende ihr verdientes Gehalt auf ihr Konto überwiesen bekommen. Wahre gelebte Solidarität wäre es jetzt, die Streikschilder wegzuräumen und sich mit der Veranstaltungsbranche, den freien Künstlern, den Musikern und den Schauspielern zu solidarisieren. Die sind es, die die Kultur mit ihrem Mut würzen, neue Wege gehen und sich auf Experimente einlassen.

Ohne diese Experimente wird die Kulturlandschaft ärmer. Die freie Szene droht zu ertrinken. Deshalb ist hier Solidarität gefragt, und zwar nicht nur seitens der Politik und der Kommunen, sondern auch seitens der Beschäftigten im öffentlichen Dienst an den staatlichen Theatern. Ein Warnstreik an Theatern sendet gegenwärtig die falschen Signale – sowohl an die verprellten Zuschauer, die sich auf einen Theaterabend freuen, wie auch an die Szene, die sich einmal mehr im Stich gelassen fühlt.
a.schumitz@volksfreund.de

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