Literatur Vom Leben und Überleben im Kampf gegen Rassismus

Alexandre Dumas (1802-1870) ist einer der meistgelesenen Autoren Frankreichs bis heute. Mit „Die drei Musketiere“ und „Der Graf von Monte Christo“ hat er Bücher verfasst, für die er weltberühmt ist.

 Georges von Alexandre Dumas

Georges von Alexandre Dumas

Foto: Comino Verlag

Immer schlagen sich seine Helden für die Gerechtigkeit mit scheinbar übermächtigen Feinden – um am Ende zu siegen.

Trotzdem kennen nur Experten seinen ersten Roman „Georges“, der bereits alle Elemente enthält, die Dumas’ Werke auszeichnen. Die letzte Übersetzung des Romans ins Deutsche liegt 130 Jahre zurück. Und so ist es eines der Verdienste des Berliner Comino-Verlags, dieses Buch aus der Versenkung geholt zu haben.

Die Geschichte, die Dumas erzählt, ist in weiten Teilen autobiografisch. Die Jugendlichen Georges und Jacques Munier kämpfen an der Seite ihres Vaters Pierre mit den Franzosen gegen die Engländer, die die Ile de France (heute Mauritius) besetzen wollen. Aber der Anführer der französischen Bürgerwehr, ein Herr de Malmedie, weigert sich mit den Muniers an seiner Seite zu kämpfen. Die Muniers sind Mulatten – also Menschen, von denen ein Elternteil aus Afrka stammt. Und da ist es in der Romanwelt von Dumas nicht passend, wenn diese Seite an Seite mit den Weißen kämpfen. Allerdings sind die Muniers in der Schlacht erfolgreicher als die de Malmedie, weil sie die Regimentsfahne der Gegner erobern.

Die Freude darüber währt allerdings nur kurz: Die de Malmedie nötigen die Muniers die Fahne an sie weiterzugeben. Nach dieser Erfahrung verlassen Jacques und Georges die Insel und gehen nach Frankreich. Jacques heuert auf einem Schiff an und wird Sklavenhändler. Georges studiert und erkundet die Welt. Bis zu dem Moment, in dem er beschließt, in seine Heimat zurückzukehren.

Kaum auf Mauritius angekommen, verliebt er sich in Sara, die Nichte von Herrn de Malmedie. Tatsächlich ist diese aber seinem Sohn Henri versprochen. Immer wieder eskaliert in der Folge der Konflikt zwischen Georges und Henri; mal weil Henri einen – und diese Wortwahl muss im Kontext dieser Romanbesprechung erlaubt sein – „Neger“ totprügeln lassen will, mal weil man sich auf der Pferderennbahn begegnet.

Als der Herr de Malmedie einer Verlobung Saras mit Georges widerspricht, geht der Romanheld in den Widerstand, der aber scheitert.

Alexandre Dumas’ Vater Thomas-Alexandre Davy de la Pailleterie (1762-1806) war General unter Napoleon Bonaparte. Der General war das illegitime Kind seines Vaters mit einer Sklavin afrikanischer Herkunft (Marie-Cessette Dumas). Allerdings fiel der Offizier bei Napoleon während des Ägyptenfeldzugs 1799 in Ungnade und geriet auf der Heimreise in Kriegsgefangenschaft. Mit dem Amerikaner Colin Powell erreichte erst 180 Jahre später wieder ein Mensch afrikanischer Herkunft den Generalsrang in einer Nato-Truppe.

Spannend an diesem Roman ist, dass Dumas sich in ihm das einzige Mal mit der Diskriminierung von Menschen mit afrikanischer Herkunft auseinandersetzt. Ihn frustriert, dass es Helden gibt, „welche die Brust einer Welt in Waffen entgegenhalten und vor einem Vorurteil in die Knie sinken“. Er prangert Ungerechtigkeit an, ohne das System infragezustellen. „Georges“ ist daher ein Roman, der noch die Luft des 19. Jahrhunderts atmet.

Alexander Schumitz

Alexandre Dumas, Georges, übersetzt von Friedrich Ramhorst, Comino Verlag, 9,90 Euro

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