Mittelalterliche Rock- und Folkmusik Blutmond zur Nacht der Spielleute im Trierer Amphitheater

Trier · Im Mittelalter galt der Blutmond als böses Omen – im Amphitheater 2018 stand er über einem friedlichen Festival.

 Heiß, heißer, Saltatio Mortis.

Heiß, heißer, Saltatio Mortis.

Foto: Karin Pütz

Für einige der rund 1700 Freunde der mittelalterlichen Rock- und Folkmusik ist die 1. Nacht der Spielleute im Amphitheater ein Anlass, sich besonders auszustaffieren: Männer in Schottenröcken und mit geflochtenen Bärten, gepiercte Girls mit bunten Haaren, gestandene Frauen in Jungferngewändern – und mittendrin ein Festivalbesucher, der seinen Kumpels erfreut zuruft: „Endlich normale Leute!“ Gleich drei Bands aus der mittelalterlichen Musikszene spielen auf: Den Anfang macht Feuerschwanz, die die Besucher zum Pogen auffordert: „Schubsetanz ist Rittersport!“ Bei diesem Ohrwurm aus dem im August erscheinenden Album „Methämmer“ wirbelt der Staub in der ehemaligen Kampfarena. Zum Glück hat die Spaßgruppe ihre spätpubertäre Gag-Dichte im Laufe der Jahre zu Gunsten des musikalischen Niveaus heruntergefahren – auf die alte Leier von „Johanna von der Vögelweide, die zwei Hupen dabei hat“, möchten sie jedoch leider auch 2018 nicht verzichten.

Einen Preis für das originellste Bühnenoutfit des Abends kann die nächste Band des Abends sicher nicht gewinnen. Aber diesen Anspruch hat die seit 15 Jahren bestehende Folk-Rock-Band Versengold gar nicht. Die sechs Musiker aus Norddeutschland beeindrucken durch große Spielfreude, Authentizität und Emotionalität. Das zeigt sich besonders deutlich bei einem Stück, bei dem es um den Umgang mit dem eigenen Tod geht: „Haut mir kein‘ Stein, schlagt mir kein‘ Kreuz und macht mir keine Kerzen an. Brennt mich lichterloh zu Asche, trinkt ein Bier auf mich und dann lest mir bitte keine Messe...“ In der Arena des Amphitheaters wird dieses Lied aus zahlreichen Kehlen mitgesungen, auch Silke (37) aus Nideggen bedeutet dieses Lied sehr viel: „Ich bin dem Tod schon ein paarmal von der Schippe gesprungen, da macht man sich seine Gedanken über die eigene Beerdigung.“ In der letzten Umbaupause des Abends wandern die Blicke der Zuschauer immer wieder zum Himmel – der angekündigte Blutmond ist von der Arena des Amphitheaters nicht zu sehen. Doch als die Headliner Saltatio Mortis die Bühne betreten, ist der Mond vergessen: Feuersäulen und -bälle schießen links und rechts neben den acht Musikern empor und bringen die Mittelalter-Rockfans im wahrsten Sinne zum Kochen – als wäre es durch die sommerlichen Temperaturen noch nicht heiß genug. Barfuß und mit freiem Oberkörper tanzt, hüpft und rennt Frontmann Alea, der Bescheidene (Jörg Roth), über die Bühne, als gäbe es kein Morgen. „Früher war alles besser“ ist der Kracher zum Einstieg, und die Energie des charismatischen Sängers lässt während des Auftritts zu keiner Zeit nach. Das „What shall we do with the drunken Sailor“ ist bei Saltatio Mortis eine temporeiche und schweißtreibende Nummer. Zwischendurch werfen Security-Mitarbeiter und Musiker Wasserflaschen ins Publikum, die dankbar aufgefangen werden. Das am 17.8. erscheinende Album heißt „Brot und Spiele“ – natürlich kommen in Trier einige Titel davon auf die Bühne des Amphitheaters. Passender kann die Kulisse nicht sein, wie Alea bemerkt. „Große Träume“ bedient hingegen weniger die Dudelsackfans, die massentaugliche Nummer könnte von den Toten Hosen sein. Als 1700 erhitzte, staubige und verschwitzte Menschen gegen 23 Uhr Richtung Ausgang streben, ist er dann am Himmel über Olewig zu sehen: der Blutmond. Die Legende mit dem bösen Omen hat sich glücklicherweise nicht bestätigt: Lediglich zwei Hitzköpfe mussten von der Security aus der Menge nach draußen befördert werden, und durch Wärme befürchtete Schwächeanfälle blieben laut Werner Lamberty, dem Einsatzleiter der Malteser, „im Rahmen“.

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