Poesie Der es liebt, „Dicht-Kieselsteine“ ins Wasser zu werfen

Berlin/Trier · Der Lyriker Rajvinder Singh hat einen neuen Gedichtband veröffentlicht. TV-Redakteur Alexander Schumitz ist seiner Poesie gefolgt.

 Buchcover Singh

Buchcover Singh

Foto: Klak Verlag/KLak Verlag

Rajvinder Singh ist Lyriker – mit ganzem Herzen. Sein Satz „Prosa sagt, Dichtung meint!“ ist ein klares Statement verknüpft mit der Aussage: „Schwätzt nicht so viel, kommt auf den Punkt.“ Oder, um es mit Singh zu sagen: „Ein Gedicht enthält und pflegt eine ganze, seine eigene Welt und zeugt meine Welt.“ Noch Fragen? Antworten darauf sucht Singh kurz und knapp in seinem jüngsten Gedichtband „Wenn ich Dich wie ein Buch lese“.

In seinen Texten entwickelt Singh seine Gedanken. Seine „Biografie“ passt in sieben Zeilen „zwischen ‚war’ und ‚werde’ bin ich, bin auch nicht, parallel“. In starken Bildern beschreibt er Beziehungen zu Menschen, die ihm nahe stehen, wie beispielsweise in dem Gedicht, das dem Band seinen Namen gab. „Wenn ich Dich wie ein Buch lese, die Kapitel hören einfach nicht auf, als wäre der Himmel selbst das Buch.“ Immer wieder macht er sich auch Gedanken über das Zusammenspiel von Kultur und Natur. Singh fragt, warum sich gegenwärtig beide so wenig zu sagen haben, obwohl sie sich seit Urzeiten gegenseitig beeinflussen. „Natur-Kultur Dualität“ ist das erste von elf Prosagedichten. Diese geben dem Gedichtband seine Struktur, sind gewissermaßen der rote Faden der Sammlung.

Thema der Prosagedichte ist immer wieder die Beziehung zwischen Mensch und Natur. Hier wird nicht angeklagt („Natur klagt nicht, sie erzählt“), es werden Räume geschaffen für Tiere, das Licht, die Vielfalt. Wer sich auf Singhs Sprachreise einlässt, der findet Zugang zu einer Welt, die es wert ist, sich darauf einzulassen.

Manchmal überrascht der erste Trierer Stadtschreiber aber auch seine Leser. Denn wer hätte gewusst, dass „Bäume ... der Menschen äußeres Herz“ sind, Nach den vier Zeilen dieses Gedichts muss man es einfach glauben. Um so schmerzhafter ist es, wenn der Baum, den der Urahn gepflanzt hat, der „Baugewalt zum Opfer“ fällt.

Singh zieht mit seinen „poetischen Adleraugen“ einen „leisen Wörterkreis“, den er in einen stillen, poetischen See umwandelt, in den er einen „Dicht-Kieselstein“ wirft, um dann zu beobachten. wohin die Wellen schwappen. Nein, er ist kein Marktschreier, er liebt die leisen Töne. Und damit steht der in Indien geborene Poet Dichtern wie Heine, Goethe und Brecht nahe.

Rajvinder Singh, Wenn ich Dich wie ein Buch lese, Klak Verlag, 82 Seiten, 15 Euro.

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