Archäologie Der neue Herr der Trierer Römerbauten

Nach einer Karriere voll exotischer Stationen kümmert sich der Archäologe Karl-Uwe Mahler seit Februar um das Trierer Weltkulturerbe.

 Karl-Uwe Mahler: der neue Herr der Trierer Römerbauten. Er kümmert sich nun um den Erhalt von Porta, Thermen, Römerbrücke & Co. In den vergangenen drei Jahren hat er in Trier römische Grabdenkmäler erforscht. Im Hintergrund der Aufsatz eines solchen Denkmals, das im Landesmuseum zu sehen ist: Der Kampf zwischen Bär und Keiler symbolisiert den Kampf zwischen Leben und Tod.

Karl-Uwe Mahler: der neue Herr der Trierer Römerbauten. Er kümmert sich nun um den Erhalt von Porta, Thermen, Römerbrücke & Co. In den vergangenen drei Jahren hat er in Trier römische Grabdenkmäler erforscht. Im Hintergrund der Aufsatz eines solchen Denkmals, das im Landesmuseum zu sehen ist: Der Kampf zwischen Bär und Keiler symbolisiert den Kampf zwischen Leben und Tod.

Foto: TV/Katharina de Mos

Im Süden des Römischen Reiches hat er eine riesige Ruinenstadt studiert, im Osten hat er Marmorstatuen katalogisiert, die inzwischen in den Wirren des syrischen Bürgerkriegs verloren gegangen sein könnten. Nun schlägt Karl-Uwe Mahler im Norden des einst so gewaltigen Imperiums seine Zelte auf. Als neuer Herr und Beschützer des Trierer Weltkulturerbes. Oder offiziell: Als Referent für Römerbauten bei der Generaldirektion Kulturelles Erbe. Sein Vorgänger Georg Breitner ist als Leiter des saarländischen Landesdenkmalamts nach Saarbrücken gewechselt.

Mahler ist Experte für römische Architektur. Die reichen Ornamente antiker Tempel, Triumphbögen und Villen hat er in der Weltkulturerbestätte Leptis Magna in Libyen erforscht – der einst drittgrößten Metropole des Reiches. Und er musste dort in der Ferne an Trier denken – eine Stadt, die er bereits kennt und liebt, seit er an der Mosel seinen Zivildienst leistete und es genoss, auf dem Weg zur Arbeit ein römisches Stadttor zu durchqueren. Er musste an die Trierer Barbarathermen denken, die den Hadriansthermen in Leptis Magna mit ihren Schwimmbecken und ihren herausspringenden Eckräumen erstaunlich ähnlich sind. „Da sieht man, welche Beziehungen es im 2. Jahrhundert zwischen dem Norden und dem Süden gab“, sagt Mahler.

Ohne den regen Austausch zwischen den Provinzen hätte er auch in Syrien nicht so viel zu tun gehabt, wo er (vor Beginn des Krieges) in einer Region, in der gar kein  Marmor vorkommt, die vielen Marmorstatuen katalogisierte, die dort gefunden worden waren. Ob es sie heute noch gibt, ist ungewiss. Manches Museum wurde geplündert, große Kulturschätze  zerstört und in der Ruinenstadt Palmyra wurde einer von Mahlers syrischen Kollegen, der ihn damals bewirtete, enthauptet. „Nicht nur Kulturgüter gehen in dem Krieg verloren“, sagt er traurig. „Auch so viel Kompetenz.“ Der umfangreich bebilderte Katalog, der damals entstand, ist heute Gold wert.  „Wenn jetzt im Kunsthandel Stücke aus Syrien auftauchen, können wir nachweisen, dass sie dort im Museum standen.“

Aber ist es denn nach all diesen Abenteuern nicht langweilig, in Trier zu arbeiten? „Überhaupt nicht!“, sagt der Archäologe, der zuletzt mit Frau und Sohn auch nicht irgendwo in fernen Wüsten lebte, sondern als Hochschuldozent in Mainz. Das einzigartige Trierer Weltkulturerbe zu betreuen sei ein Traum wohl jedes Archäologen und ein toller beruflicher Aufstieg. Auch war Mahler in den vergangenen drei Jahren sehr oft im Rheinischen Landesmuseum, weil er sich an einem Forschungsprojekt der Uni Frankfurt beteiligt hat. Gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern hat er die vielen Grabdenkmäler, die in den riesigen Depots des Museums lagern,  erfasst, analysiert und teils auch rekonstruiert. Aufgefallen ist ihm dabei, dass die Formensprache der steinernen Verzierungen in der Region eine ganz besondere sei. So seien die Pflanzen „unglaublich lebendig und saftig“ dargestellt. Die sonst so statischen Blattmasken – das sind von Blättern umrankte Gesichter, die zur Gliederung römischer Architektur dienen – geraten rund um Trier plötzlich in Bewegung (siehe kleines Foto oben).

Und so findet sich Mahler in den langen Gängen seiner neuen Arbeitsstätte bereits bestens zurecht. Die Arbeit, die sein Vorgänger leistete, schätzt er sehr. „Es ist wahnsinnig viel passiert.“ Die zu seiner Zivi-Zeit „völlig ungepflegten“ Barbarathermen können Besucher nun auf einem Steg überqueren, der die einst zweitgrößte Badeanlage des Imperiums mit Infotafeln erlebbar macht. Das Stadtmodell in der Porta Nigra gefällt Mahler gut, weil man gleichzeitig aus dem Fenster sehen und sich orientieren könne. Im Amphitheater oder den komplett neu gestalteten Kaiserthermen informieren Filme über Geschichte der Gebäude. „Neue mediale Angebote sind sehr wichtig“, findet Mahler, der diese weiterentwickeln möchte. Und er möchte bei den Menschen, für die Porta & Co. ein alltäglicher Anblick sind, das Bewusstsein dafür schärfen, dass es sich um Welterbe handelt. Um einzigartige Gebäude, die er nicht nur für die Trierer erhalten und entwickeln muss, sondern für die Weltgemeinde.

 Porta Nigra, zu: UNESCO-Welterbe in Trier auf einer Reiseroute durch das antike Europa. Foto: Thomas Zühmer

Porta Nigra, zu: UNESCO-Welterbe in Trier auf einer Reiseroute durch das antike Europa. Foto: Thomas Zühmer

Foto: Rheinisches Landesmuseum/Thomas Zühmer
 Ein Gesicht aus Blättern ziert ein römisches Grabmal, das im Landesmuseum Trier zu sehen ist.

Ein Gesicht aus Blättern ziert ein römisches Grabmal, das im Landesmuseum Trier zu sehen ist.

Foto: TV/Katharina de Mos

Für Mahler und die vielen Millionen Touristen sind sie mehr als die Summe ihrer Teile. In Mainz gebe es römische Reste. „In Trier kann man eine römische Stadt erleben“, schwärmt der 51-Jährige. Durch ein Stadttor Richtung Palastanlage schlendern, im Diözesanmuseum Decken- und Wandmalereien bewundern, sich im Empfangsraum der Kaiser winzig fühlen, die Kolossalität der Kaiserthermen bestaunen, zusehen, wie die Mosel noch immer an den mächtigen Pfeilern der Römerbrücke vorbeiströmt. „Und wenn man sich vorstellt, welche Persönlichkeiten hier gelebt haben. Wenn  man im Dom sitzt und darüber nachdenkt, wie mit Helena dort alles seinen Anfang nahm ...“ Und dann die Weinreben, die allem doch noch etwas Gemütliches verliehen ... Überzeugt: Dieser Archäologe ist in Trier am richtigen Ort. Katharina de Mos

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