Die Kulturwoche, betrachtet von Rainer Nolden Gib der Dummheit eine Chance und genieße deine Macht

Nachdem die Politik und deren Betreiber jeden Tag aufs Neue versagen, egal, wo man hinschaut, muss mal wieder die Kultur ran. Die kann zwar auch nichts retten, aber sich zumindest lustig machen über die Inkompetenzler hüben und drüben und oben und unten.

Das britische Popduo Pet Shop Boys, seit 1985 erfolgreich im Geschäft  (unter anderem mit „West End Girls“ oder „It’s a Sin“) veröffentlicht heute eine neue EP (dieses Mittelding zwischen Single und reduzierter Langspielplatte) mit politischen und sozialkritischen Songs. Aktueller könnten die Kompositionen nicht sein. In „On Social Media“ kritisieren Neil Tennant und Chris Lowe den  naiven und unreflektierten Umgang mit sozialen Medien und dem Internet. „Während die Demokratie vom Weg abkommt und die Gier immer gieriger wird, tröste dich mit einem Selfie oder zwei“, heißt es im Text. In einem anderen Song fordern die Jungs aus der Zoohandlung ihre Landsleute auf, „Give Stupidity A Chance“ (Gib der Dummheit eine Chance). Überflüssigerweise, zugegeben, tun die doch seit Monaten nichts anderes. Tennant beschreibt das Lied als „Satire über die mangelnde Qualität politischer Führung in der modernen Welt“. Die Medien raunen, der Song nehme unter anderem den Politproll aus dem Weißen Haus und den konservativen britischen Bildungsminister Michael Gove ins Visier. „Wir hatten genug von Experten (...), warum sich den Tatsachen stellen?“, singt Tennant in einer Strophe.  Gove war 2016, als er noch Justizminister war, nach Wirtschaftsexperten gefragt worden, die den Brexit gutheißen. Darauf sagte er, die Briten hätten „genug von Experten“ (deshalb gibt’s wohl da drüben auch keine mehr).

Fast könnte man Mitleid kriegen mit dem sogenannten Präsidenten der Uneinigen Staaten von Amerika. Jetzt kriegt es die geplagte Familie dieser amateurpolitisierenden Jammergestalt auch noch mit der bildenden Kunst zu tun. Eine staubsaugende Ivanka-Doppelgängerin in einer Washingtoner Ausstellung hat bei dieser schrecklich reichen Familie Empörung ausgelöst. Zu einem Medienbericht über die Performance „Ivanka Vacuuming“ („Ivanka beim Staubsaugen“) in der Flashpoint Gallery, twitterte (anders können die sich offenbar gar nicht mehr miteinander verständigen) Präsidententochter Ivanka: „Frauen können wählen, ob sie sich gegenseitig zerlegen oder gegenseitig aufbauen. Ich wähle Letzteres.“

Die Künstlerin Jennifer Rubell hat dieses „Lebendwerk“ geschaffen, in dem eine Frau, die mit blondem Wellenhaar, rosa Kleid und Stilettos aussieht wie Ivanka Trump, unablässig einen rosafarbenen Teppich saugt. Besucher der Ausstellung können ihr Krümel von einem Brotkrumen-Berg hinwerfen. Die Interaktion sei „genüsslich“ für den Betrachter und erzeuge ein Gefühl von Macht, heißt es in einer Erklärung der Künstlerin. Gleichsam sauge „Ivanka“ aber auch ohne Krümel auf dem Boden stoisch weiter. Das Werk sei inspiriert von einer Figur, deren Auftreten mit „Tochter, Frau, Mutter, Schwester, Model, berufstätiger Frau, Blondine“ eine „schon fast ulkig breite Palette weiblicher Identitäten“ enthalte, erklärte die Kunstorganisation CulturalDC als Aussteller. Noch bis zum 17. Februar saugt „Ivanka“. no/dpa

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