Die Kulturwoche von TV-Mitarbeiter Rainer Nolden Schnelle Bilder, teure Frauen, türkische Tugendbolde

Die Kulturwoche von TV-Mitarbeiter Rainer Nolden

Eine Erfindung, die sozusagen das Beste aus zwei Welten – der digitalen wie der analogen – verknüpft, hat sich Edwin Herbert Land vor 85 Jahren patentieren lassen. Digital, weil sofort da, analog, weil sehr traditionell – zumindest das Medium, nämlich Papier. Es dauerte allerdings noch zwölf Jahre, bis er seine Erschaffung der Öffentlichkeit vorstellte. Und die staunte nicht schlecht über die klobige Balgenkamera, die das lange Warten aufs Ergebnis auf Sekunden zusammenschnurren ließ. Ein Klick – und wie von Zauberhand entsteht das Bild nach der Aufnahme vor den Augen des Fotografen und der Modelle. In der Ausstellung „The Polaroid Project“ stellt das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg das Phänomen Polaroid erstmals in seiner gesamten Breite vor (vom 16. März bis 17. Juni). Mit rund 220 Fotografien von über 100 Künstlern sowie 90 Kameramodellen und Prototypen beleuchtet sie das ästhetische Spektrum der Sofortbildfotografie wie auch die innovative Technik, die diese visuelle Revolution möglich macht. Einer, der viel mit dem Medium gearbeitet hat, war Andy Warhol. Und wie fast alles, das er angefasst hat, wurden auch diese Werke zu Gold: Bei einer Versteigerung im Auktionshaus Christie’s wechselten vor sechs Jahren Polaroidfotos aus der Warhol Foundation für vier- und fünfstellige Preise den Besitzer.

Das sind natürlich nur Peanuts im Vergleich zu dem, was das Londoner Konkurrenzunternehmen Sotherby’s für ein anderes Kunstwerk herausschlagen konnte. Wenn er gewusst hätte, dass seine Geliebte einmal für knapp 50 Millionen Pfund (etwa 56 Millionen Euro) den Mann wechseln würde, hätte er sie wahrscheinlich mit anderen Augen betrachtet. Der Urheber war Picasso, das Modell Marie-Thérèse Walter, der Titel (aus Platzgründen ersparen wir uns das französische Original) „Frau mit Barett in dem karierten Kleid“.  Es stammt aus dem Jahr 1937 und wurde zum ersten Mal versteigert. Wem die junge Frau demnächst Gesellschaft leistet, verschweigt das Versteigerungshaus.

Vom Versteigerungshaus zum Tollhaus: Nein, wir reden ausnahmsweise nicht über das Weiße Haus in Washington, sondern über das Cumhurbaşkanlığı Sarayı oder Ak Saray, was auf Deutsch „Weißer Palast“ bedeutet, also auch wieder was Helles (allerdings nur in symbolischer Hinsicht, sonst ist eher hüben wie drüben alles düster). Recep Tayyip Erdogan, dem ein deutscher Kabarettist ein lustiges Lied gewidmet hat, ist offenbar doch nicht so musikalisch, wie Jan Böhmermann gehofft hat: Der Obertürke hat dafür gesorgt, dass sein Staatssender TRT innerhalb eines Jahres mehr als 200 Lieder mit unangemessenen Inhalten aus dem Programm verbannt hat. Da geht es beispielsweise um Hits mit Titeln wie „Ich bin betrunken“ und „Jeden Abend Wodka, Raki und Wein“. Menschen, vor allem aus karnevalaffinen Gegenden, werden für derlei Verbote sicherlich kein Verständnis haben, aber der Inquisitor aus Ankara ist ja ohnehin nicht in erster Linie für seinen entwaffnenden Humor bekannt. Der Herrscher stößt sich vor allem an „Schimpfworten oder Alkohol, Zigaretten und so weiter“. Ein Glück für Jan Böhmermann: Da es in seiner Ode an Erdo weder um Schnaps noch Kippen geht, hätte er doch sicher gute Chancen, weiterhin auf türkischen Senderwellen zu schwimmen. no/dpa

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort