Musik „Jazz we can!” Jazzgipfel-Festival in Trierer Tuchfabrik verbindet Generationen

Trier · Easy und entspannt: Warum das Festival seit Jahrzehnten Genres anlockt.

Schon seit über 20 Jahren organisiert der Trierer Jazzclub das Jazzgipfel-Festival in der Tuchfabrik (Tufa). Und der Lack ist noch lange nicht ab. Was Organisator Benedikt Schweigstill mit seinen Vorstandskollegen am Samstagabend auf die Bühne zaubert, verdient alle Hochachtung und bekommt zu Recht den jubelnden Applaus der weit über 200 Besucher im restlos ausverkauften großen Saal der Tufa. Kein Wunder, sind doch die Jazz-Club-Chefs selbst hochkarätige Musiker.

Schweigstill spielt beim Gipfel sogar in zwei Formationen (beim Poschenrieder-Schweigstill Duo am Klavier und mit dem Akkordeon im legendären Daisy Becker Trio). Vorsitzender Nils Thoma gibt zwar nur eine kurze Kostprobe am Saxophon im Opener The Lovely Mr. Singingclub („Mein lieber Herr Gesangsverein“, wie er erklärt), ansonsten führt er witzig, versiert und knackig moderierend durch den Abend.

Es klappt alles reibungslos, da kommt keine Langeweile auf, selbst um Mitternacht ist der Saal noch fast komplett gefüllt, da hat das Publikum dann schon zehn Bands à jeweils rund 20 Minuten erlebt. Die Dramaturgie ist fesselnd, neben (wenig) klassischem und dabei hochklassigen Jazz (herausragend der Hard Bop der Bach Band!) gibt es viele Genres zu hören, die den Rändern des Jazz zugerechnet werden: Soul, Funk, Blues und sogar Pop oder Western. Das passt aber wie die berühmte Faust aufs Auge, die Abwechslung hält die Zuschauer bei bester Laune, viele verjazzte Versionen von Klassikern der Genres sorgen für einen Wiedererkennungseffekt. Besonders schön und funky gerät Stevie Wonders „I wish“ in der Version der Porta Band mit der Röhre von Yvonne Cobau. Alle gehen mit Experimentier- und Improvisationsfreude zur Sache, die Neugier treibt sie, und deswegen geht das alles hervorragend zusammen. Die Band Tinnef (wie Kram, Plunder) holt Paolo Contes „Via Con Me“ aus der Versenkung, begeistert geht das Publikum mit, Elke Holzmüller singt sich die Seele aus dem Leib. Ralph Brauner & Michael Wollmann sind mit Akustik-Gitarre und Bass am Start, sie singen den Blues aus tiefster Seele. Auch Markus Poschenrieder hat drei seelenvolle Lieder komponiert, ideal zum Runterkommen zwischendurch, Entschleunigung sozusagen. Two n’Two bringen auf den Gitarren ein grandioses Medley aus Western-Filmmusik zu Gehör, das selbst Jazzclub-Chef Nils Thoma in Erstaunen versetzt. In diesem Quartett singen auch mit Anne Völpel und Silvia Berthold zwei außergewöhnliche Stimmen.

Die vielleicht beste (Damen-) Stimme hebt man sich bis zum Schluss auf: Ginka Lambrichs von Into Something mit souligen Arrangements. Eine objektive Bewertung fällt jedoch schwer, zu unterschiedlich und auf ihre Weise hervorragend singen alle (Damen). Sehr erfreulich auch der experimentierfreudige Nachwuchs mit Cardamon um die Gebrüder Pinn mit starken Soli und cooler Attitüde.

Überhaupt cool: Die Atmosphäre ist locker, festivalmäßig, es gibt keine offizielle Pause, jeder versorgt sich zwischendurch mit Getränken, da darf auch mal ein Schwätzchen gehalten werden, die Musiker auf der Bühne stört das nicht, alles easy und entspannt. Im Hintergrund der Bühne ist -frei nach Barack Obama- das Motto des Abends projiziert: „Jazz we can“, und das trifft es ganz gut. Gewollt und gekonnt!

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