Blasmusik Wo Birken rauschen und Trompetensterne strahlen

Trier · Ernst Hutter und die Egerländer Musikanten präsentieren in Trier Blasmusik jenseits von Bierzelt-Gaudi.

 Ernst Hutter (vorne links) und die Egerländer Musikanten beweisen seit über 60 Jahren, dass Blasmusik mehr kann als Oktoberfest.

Ernst Hutter (vorne links) und die Egerländer Musikanten beweisen seit über 60 Jahren, dass Blasmusik mehr kann als Oktoberfest.

Foto: Daniel John

Blasmusik hat Konjunktur: Oktoberfeste mit bayerischem Bier, Brezeln und Weißwurst werden mittlerweile auch in der Eifel oder im Hunsrück gefeiert. Eine zünftige Blaskapelle gehört dann oft dazu. Dass Blasmusik aber weit mehr sein kann als Stimmungsbringer im Bierzelt, das zeigen die Egerländer Musikanten seit mehr als 60 Jahren. Beim Konzert am Freitag in der fast ausverkauften Trierer Europahalle hat das von Ernst Mosch gegründete Orchester seine Geschichte Revue passieren lassen: von „Rauschende Birken“, einem Titel der ersten Schallplatte 1956, bis hin zu neuen Kompositionen des heutigen Orchesterleiters Ernst Hutter und Mitgliedern des Ensembles.

Eines hat sich in den Jahrzehnten nicht geändert: der Anspruch, auf höchstem Niveau zu musizieren. Damit haben sich die Egerländer eine Ausnahmestellung in der volkstümlichen Musik erarbeitet. Denn in der Branche sieht es oftmals anders aus: Einfache Melodien mit einfachen Texten werden gespielt und gesungen von Interpreten, die zu mehr auch nicht in der Lage wären. Und für die CD-Aufnahmen werden sicherheitshalber Studiomusiker verpflichtet. Bei den Egerländern spielen dagegen studierte Musiker, die von Klassik über Jazz bis Hip-Hop auch in anderen Formationen aktiv sind, im Sinfonieorchester oder in der Big Band.

Und diesen Unterschied hört man: Der weiche Klang der Flügelhörner, Baritone und Tuben sorgt für den typischen Egerländer-Sound, ergänzt durch Trompeten, Posaunen und Klarinetten. Intonation, Dynamik, Phrasierung – alles ist präzise aufeinander abgestimmt. So gespielt gehören Märsche, Polkas und Walzer nicht nur ins Bierzelt, sondern auch in den Konzertsaal. Katharina Praher und Nick Loris als Gesangsduo halten sich dabei wohltuend zurück. Sie versuchen nicht, das Orchester zu dominieren, sondern fügen sich nahtlos ins Klangbild ein. All das wirkt ein wenig wie aus der Zeit gefallen, im durchhörbaren Formatradio und im Fernsehen haben die Egerländer längst keinen Platz mehr, aber der stürmische Beifall und die Bravo-Rufe des Publikums zeigen, dass ihre Qualität live umso besser ankommt. Mit Ernst Hutters Söhnen Martin (Trompete) und Stephan (Schlagzeug) ist bereits die nächste Egerländer-Generation an Bord.

Etwas swingen darf es aber auch: zum Beispiel bei den Trompetensternen von Ernst Hutter, der ja zugleich Posaunist der SWR Big Band ist. Aus deren Vorgänger, dem Südfunk-Tanzorchester von Erwin Lehn, waren die Egerländer einst entstanden. Bei dem Bravourstück stehen einmal nicht die Flügelhörner, sondern die Trompeten mit ihrem strahlenden Klang im Mittelpunkt. Und als Zugabe gibt es dann doch noch ein wenig Bierzelt-Atmosphäre: mit „Auf der Vogelwiese“ und der Geschichte vom armen Franz, der so gerne einen hebt, bis er abends unter dem Tisch liegt. Ein bisschen Klischee ist schließlich erlaubt. Im Publikum aber liegt niemand, alle applaudieren stehend für drei Stunden beste Unterhaltung.

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