Eifel-Literatur-Festival Ranga Yogeshwar: Die Welt ist besser, als sie scheint

Bitburg · Der Journalist Ranga Yogeshwar hat beim Eifel-Literatur-Festival in Bitburg über die digitalisierte Welt gesprochen.  In der Stadthalle führte er den mehr als 800 Gästen am FreitagArgumente gegen Zukunftsangst und den verbreiteten Pessimismus vor Augen.

Zwei Sekunden vor dem Aufprall piepst es: Der Wagen verliert zu schnell an Abstand zum Vorderwagen. Katastrophe! Ein kleines rotes Auto donnert ungebremst in einen großen Geländewagen; Letzterer wird umgeschleudert und landet auf der Seite. Während die Autoteile noch durch die Luft fliegen, kommt der kleine Wagen zum Stehen.

Diese Szene war am Freitag Teil des Vortrags „Nächste Ausfahrt Zukunft“ des Wissenschaftsjournalisten Ranga Yogeshwar in Bitburg. Sie ist ein Beispiel dafür, wie der digitale Wandel die Welt verbessern kann.

Denn einer hatte Glück bei dem Unfall. Der anfangs erwähnte Piepston war der eines Autos der Marke Tesla, der hinter dem roten Kleinwagen fuhr. Durch die moderne Technik kam der Teslawagen rechtzeitig zum Stehen, früher als ein Mensch hätte reagieren können.

Zukunftsmusik? Nein, wir befinden uns mittendrin. Immer schneller werde aus Fiktion Zukunft, sagt Yogeshwar. Das Telefon beispielsweise habe 75 Jahre gebraucht, um 100 Millionen Nutzer zu erreichen. Der Nachrichtendienst WhatsApp dagegen nur gut zwei Jahre. „Früher war Zukunft noch ein langsamer Prozess“, kommentiert er, „Menschen hatten die Gelegenheit gehabt, sich anzupassen.“

Heute aber befinden wir uns auf dem Weg zu einer neuen gesellschaftlichen Ordnung. Yogeshwar fordert die öffentliche Verhandlung der Grundsätze dieser neuen Ordnung. Denn es kämen vollkommen neue Herausforderungen.

Stellen Sie sich nur folgende Situation vor: Der selbstfahrende Wagen von Tesla fährt unweigerlich in einen Unfall hinein und muss ausweichen. Fährt er nach links, tötet er ein Kind, fährt er geradeaus, tötet er die Insassen des Autos, fährt er nach rechts, tötet er einen LKW-Fahrer. Wie soll sich das Auto entscheiden? Willkommen in der Digitalen Ambivalenz. Zusätzlich fordert Yogeshwar eine ordentliche Kultur, welche den Datenschutz betrifft. Er befürchtet, dass es die Privatsphäre als geschlossenen Raum so bald nicht mehr gibt, wenn man selbst nicht genug dafür tut.

Ist der Siegeszug der Technik jetzt ein Segen oder ein Fluch? Oder ist er eine vergiftete Segnung? Befrage man Menschen zu ihrer persönlichen Einschätzung, kämen schockierende Überzeugungen zutage. Nur vier Prozent aller befragten Menschen in Deutschland glaubten, dass sich in Zukunft die Lebensqualität verbessern werde. Ähnlich pessimistisch sehe es in Frankreich, Dänemark und in den USA aus.

Ranga Yogeshwar sieht der Zukunft sehr positiv entgegen und kritisiert stets die Diskrepanz zwischen gefühlter und realer Wirklichkeit. Die Wirklichkeit sehe nämlich sehr gut aus: Die Kindersterblichkeit sei in den vergangenen Jahrzehnten erheblich zurückgegangen, die Armutsrate sei erheblich gesunken, und die Menschen würden viel älter als zuvor. Die Welt sei besser, als sie scheint.

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