Konzert Live in Trier: ABBA als Italo-Pop, Hip Hop, Ska-Punk

Trier · Zehn Bands mit je zehn Minuten Spielzeit – und ein Song muss auch noch von ABBA kommen. Das Erfolgsrezept aus dem Trierer Exhaus überzeugt auch im Ausweichort Lucky’s Luke.

 ABBA – das waren:  A gnetha Fältskog (2. von rechts),  B enny Andersson (links),  B jörn Ulvaeus und  A nni-Frid Lyngstad. In Trier waren ABBA-Songs in ganz unterschiedlichen Versionen zu hören – „Dancing Queen“ als brachialer Grindcore, „Waterloo“ als Indie-Rock oder „Take a Chance on Me“ als Inspirationsquelle für einen Rapper.  Archivfoto von 1974: dpa

ABBA – das waren: A gnetha Fältskog (2. von rechts), B enny Andersson (links),  B jörn Ulvaeus und A nni-Frid Lyngstad. In Trier waren ABBA-Songs in ganz unterschiedlichen Versionen zu hören – „Dancing Queen“ als brachialer Grindcore, „Waterloo“ als Indie-Rock oder „Take a Chance on Me“ als Inspirationsquelle für einen Rapper. Archivfoto von 1974: dpa

Foto: picture-alliance / dpa/ABBA

„Upsi – ausverkauft!“ steht an der Kasse und tatsächlich herrscht ganz schönes Gedränge in dem Club in Trier-West, zumindest im Laufe des Abends. Los geht es um 19 Uhr mit dem musikalischen Programm. Das hat es in sich: Zehn Bands, die einen kleinen Anriss über die Musikszene der Region geben, treffen hier aufeinander und geben sich das Mikro in die Hand. Auf der kleinen Bühne wird es zwischenzeitlich ganz schön eng, in den kurzen Pausen schlängeln sich die Musiker mit ihren Instrumenten und die beiden Techniker durch die Menge, um in kürzester Zeit ihr Equipment aufzubauen.

Der Clou des Abends: das Cover. Nachdem in den vergangenen Jahren schon teils absonderliche Versionen von Iron Maiden, Bruce Springsteen oder David Bowie die Runde machten, soll es 2019 zurück in die 70er Jahre gehen. Schweden steht hoch im Kurs – und so soll ein ABBA-tastischer Abend entstehen.

Das Spannende an der wohl bekanntesten schwedischen Band: Während viele Songs reiner Happy-Pop sind und gerade in den Anfangswerken eher banale Texte und Kompositionen an erste Stelle stehen, bietet das Gesamtwerk doch eine ungeheure Fülle an verschiedenen Musikstilen. Von Rock über Pop hin zu Reggae-Anklängen werden besonders in den späteren Werken auch die Lyrics deutlich tiefgründiger. Bis heute stehen die vier Schweden hoch im Kurs – obwohl sie sich nach gerade einmal zehn Jahren 1982 wegen persönlicher Differenzen trennten.

10 Bands 10 Minutes – Das Kult-Konzert zwischen den Jahren
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Foto: Julia Nemesheimer

Gerüchte über Reunions, ein ABBA-Museum in Stockholm, ein Musical und dessen Verfilmungen mit den größten ABBA-Hits und vieles mehr halten die Schweden fest im kollektiven Musikgedächtnis verankert. Unzählige Tribute- und Coverbands füllen regelmäßig große Hallen – und die Trierer Musikszene füllt die Luke bis in den letzten Winkel.

Erster Act: Screaming Mimi, ein Trio aus Trier-Nord und Süd, wie sich die Herren selbst vorstellen. Die drei Musiker sind vor allem instrumental unterwegs und keine Fans der großen Worte. So startet der Abend rockig – um direkt danach in Grindcore überzugehen. Hier beherrschen jede Menge Bass und rasende Drums die Songs, während die beiden Sänger entsprechend des Genres kaum zu verstehen sind. Vor der Bühne tigern die beiden Frontmänner von TFB – Task Force Beer – hin und her und kündigen ihr Set mit „Das werden die schlimmsten zehn Minuten unseres und eures Lebens“ an. Der Abba-Hit „Dancing Queen“ im Grindcore-Gewand ist dabei inklusive.

Der Wechsel hin zu Fun-Folk beziehungsweise selbstbezeichnend Akustik-Quatsch von Hennich & Hanschel fällt deutlicher aus und zunächst zeigt sich das Publikum skeptisch. Mit dem Abba-Cover „S.O.S“ und vor allem den eigenen Songs, in denen das Duo etwa den Absturz des Hollywood-Delfins Flipper besingt, wissen die beiden Trierer die weiter wachsende Menge zu überzeugen.

Das Mikro geht weiter an die Springfield Isotopes. Die Herren von der Mosel und aus Trier machen kalifornischen Punkrock, unterstützt werden sie durch den Gesang beziehungsweise die Screams von Sängerin Anke. Deren Stimme geht leider oftmals unter, erst bei Abbas „Super Trouper“ kann sie sich besser entfalten.

Autumn Sweater sind die einzige luxemburgische Band des Abends, mit Indie und Post-Punk fügen sie sich recht passend an die Isotopes an, während „Waterloo“ der ABBA-Beitrag aus dem Großherzogtum wird. Das Quartett wechselt am Mikrofon munter durch, wobei die Qualität hier genauso im Wechsel ist.

Es folgt der einzige Hip-Hop-Beitrag des Abends. Rapper DMO aus Trier schlägt mit seiner Version von „Take a Chance on Me“ voll ein – Live-Rap mit eigenen Texten gepaart mit Einspieler des Refrains geben auf der Kreativitätsskala des Abends eindeutig die höchste Note.

Die große Bandbreite des Abends wird durch Italo-Pop erweitert, original eingeflogen von Sweat like Chianti. Die Musik kommt von CDs, der Gesang in (Fantasie-)Italienisch von Pepito und Bruno, die auch mit entsprechenden Dance-Moves zu überzeugen wissen. Passend zum 70er-Jahre-Italo-Pop fällt die entsprechende Cover-Version von „Gimme Gimme Gimme!“ kaum aus dem Muster.

Mit Post-Indie der frisch gegründeten Band straws geht es weiter. Die einzelnen Mitglieder des Quartetts sind beziehungsweise waren in mehreren Trierer Bands tätig, darunter vandermeer, Kramsky oder My First Robot und greifen zum einjährigen Jubiläum diesmal tief in die ABBA-Kiste („Lay All Your Love On Me“). Zum letzten Fünftel des Abends laden dann Candy Apple Grey zum großen Indie-ABBA-Spektakel mit „Does your Mother Know“ die Menge zum Mitmachen ein.

So richtig funktioniert das dann aber erst bei der letzten Band des Abends Juggernout (aus Bitburg) machen seit über 20 Jahren Skapunk. Entsprechend voll wird es vor und hinter der Bühne. Mit drei Bläsern braucht es dann doch etwas mehr Platz. Das Publikum scheint auch endlich aufgewärmt und tanzt zu den Ska-Klängen mit – als letzter Act gibt es dann noch mehrere ausgesprochen tanzbare Zugaben.

 Die Springfield Isotopes mit Sängerin Anke. Weitere Fotos von den Bands: volksfreund.de

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Foto: Julia Nemesheimer
 Jetzt Abba: Rapper DMO ließ sich von Take a Chance on Me und seinem Wecker inspirieren.

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Foto: Julia Nemesheimer

Das Konzept stimmt, die Musiker präsentieren ihre eigenen Songs und zeigen ihre Kreativität in den Coverversionen – mal mit mehr oder weniger Elan. Zehn Minuten sind knapp bemessen und doch bekommt das Trierer Publikum so die Chance, endlich mal über den Tellerrand hinauszublicken? Ein Klassiker zwischen den Tagen, an dem man nicht nur etliche Bekannte wiedertrifft, sondern zudem zwischen Pop, Hip-Hop und Grindcore schaukeln kann. Und etwas Gutes haben die Besucher mit dem ausverkauften Abend auch noch getan: die Erlöse gehen komplett an den Exhaus-Verein, der seit fast einem Jahr ohne eigene Spielstätte auskommen muss.

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