Rock / Pop / Konzerte Jacko, Amélie und der vielleicht älteste Punk

In der neuen Kolumne „Erste Reihe“ präsentiert TV-Redakteur Andreas Feichtner zu Beginn jedes Monats seine persönlichen Konzerttipps.

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Die schönste Studie des letzten Jahres in einem Satz: Wer alle zwei Wochen ein Konzert besucht, lebt neun Jahre länger. Musikrichtung? Nebensache. Ob Händel oder Hatebreed – Hauptsache, es gefällt und die Endorphine sprießen. Konzerte stimulieren und steigern das Selbstwertgefühl. Das ungefähr besagt die Studie der Gold­smiths-Universität in London, die zwar von einem Telefon- und Internet-Giganten in Auftrag gegeben wurde, nach dem manche Arena benannt ist. Aber so wirklich weh tut dieses Ergebnis auch niemandem. In diesem Sinne: Gehen Sie mal wieder zu einem Konzert! Zum Beispiel zu ...

Beat It! 

Vor knapp zehn Jahren ist Michael Jackson gestorben – aber seine Musik hört man gefühlt jeden Tag irgendwo. „Beat It! – die Show über den King of Pop“ debütierte im vergangenen Jahr zu „Jackos“ 60. Geburtstag in Berlin. Es ist eine Hommage mit zwei wohl ziemlich überzeugenden Jackson-Darstellern – Dantanio Goodman als der erwachsene und Koffi ­Missah als der junge Michael bringen das Leben des Superstars in zahlreiche Hits gepackt auf die Bühne. Michaels Bruder Jermaine Jackson war laut Veranstalter-Info von der Show überzeugt („fantastisch!“). Mit einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Leben von Michael Jackson muss man aber nicht rechnen, die zeitlosen Songs stehen im Vordergrund. Für späte Aufarbeitung gibt es aktuell eine andere Quelle: So sorgte vor einer Woche die Premiere der vierstündigen Doku „Leaving Neverland“ für Wirbel, in der Michael Jackson in bisher nicht bekannter Deutlichkeit sexueller Missbrauch an Kindern vorgeworfen wird.

Beat It! Arena Trier, 9. Februar, 20 Uhr, Tickets: 0651/7199-996

Yann Tiersen

Wer im nicht mehr ganz taufrischen 21. Jahrhundert zielgruppenfern (Klein-)Kinderfernsehen schauen muss, darf, will – der kann wohl bestätigen: Früher war sicher nicht alles besser, die Musik aber oft schon. So kann man alte Serien wie „Captain Future“ mit ihren Rollenklischees aus ganz fernen Galaxien zwar kaum noch schmerzlos anschauen – der Soundtrack klingt aber immer noch großartig. Der ist von Christian Bruhn, der nicht nur Kinderserien wie „Wickie“, „Sindbad“, „Die Rote Zora“ oder „Timm Thaler“ vertonte, sondern der vorher schon gefühlt jeden zweiten deutschen Schlager der 1960er geschrieben hatte. Der richtige Soundtrack kann aber auch aus guten Filmen fantastische machen. Da kommt Yann Tiersen ins Spiel. Der französische Komponist hat mit seinen Soundtracks nicht nur maßgeblichen Anteil am Welterfolg von „Die fabelhafte Welt der Amélie“ und (nicht ganz so großen) an der Rezeption von „Good Bye, Lenin!“: Der 48-jährige Multiinstrumentalist steht auch für besondere Konzerterlebnisse – mit seinem geschmackvollen Mix aus Chanson, Rock und Minimal Music.

Yann Tiersen, 16. Februar, Philharmonie Luxemburg:  16 Uhr und 20 Uhr.

UK Subs

Morgen ist es genau 40 Jahre her: Sid Vicious, Bassist der Sex Pistols und praktisch die Personifizierung des Punks, stirbt nach einer Überdosis im Chelsea Hotel in New York. Mit 21 Jahren. Genau dort, wo knapp vier Monate zuvor seine Freundin Nancy erstochen aufgefunden wurde – und Vicious unter Mordverdacht geriet. Wie sich das für eine gute Geschichte gehört, wuchern um beide Todesfälle bis heute Mythen und Legenden. Selbstzerstörung als Selbstzweck: Wer schneller lebt, ist früher tot. Das ist die archaischste Seite des Punks – die spätestens mit dem Tod von Sid Vicious auserzählt war. Was das mit einem britischen Herrn zu tun hat, der im Mai seinen 75. Geburtstag feiert, aber vorher noch einen Abstecher an die Mosel macht? Viel und wenig. Charlie Harper war schon 32 Jahre alt und gestandener Rhythm-and-Blues-Musiker, als er 1976 in London die UK Subs gründete. Die wurden später selbst zu Punk-Größen, deren berüchtigte Liveshows sich „nicht an Kopf oder Herz, sondern an die einfachen, primitiven Instinkte richteten“ (Melody Maker). Über vier Jahrzehnte später und nach vielen Alben und Kooperationen – unter anderem mit den Toten Hosen – ist Harper als Frontmann der UK Subs immer noch auf Ochsentour durch die Clubs: Er zeigt dem „live fast, die young“ den Mittelfinger. Auch das kann Punk sein. Reminiszenzen an den jungen Sid dürfte man beim Auftritt in den vorderen Reihen des MJC-Kellers sehen, wenn es etwas rustikaler zugeht. Sid Vicious gilt als Erfinder des Pogo-Tanzes (zumindest, wenn man seinem Sex-Pistols-Vorgänger Glen Matlock glaubt). Und der Pogo ist bis heute sehr lebendig.

UK Subs, 13. Februar, 20 Uhr, Mergener Hof, Trier

The Streets

Hip-Hop für Menschen, die keinen Hip-Hop mögen? Das könnte man über Mike Skinner alias The Streets sagen, aber das wäre überspitzt. Mit seinem Debüt „Original Pirate Material“ hat der in London und Birmingham aufgewachsene Rapper im breiten Cockney-Dialekt jedenfalls auch den Indie-Fans seinen Alltag und die rhythmischen Vorzüge des Hip-Hops nähergebracht. Dass das Album nun auch schon 16 Jahre alt ist und damit älter als – sagen wir – mancher RAF-Camora-Fan (siehe „Zugabe“)? Oh, das ist bitter. The Streets sind nach langer Pause jedenfalls zurück auf Tour, der Schwerpunkt liegt auf dem Debüt. Dürfte ganz schön gut werden.

Sonntag, 10. Februar, Luxemburg, Den Atelier. Tickets: www.atelier.lu

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