Wohlfühlen Aktuelle Frisuren-Trends: Heute grün, morgen grau und übermorgen blond?

Interview | Körperich · Haare und Farbe — ein großes Thema. Aber wie oft wechseln Menschen ihre Frisur und ihr Styling eigentlich? Wie schnell kommen neue Trends auf der Straße an? Ein Gespräch mit Landesinnungsmeister Guido Wirtz aus der Eifel.

 Ein Friseur müsse Psychologe, Künstler und Handwerker sein, sagt Meister Guido Wirtz. Symbol-Foto: iStock/skynesher

Ein Friseur müsse Psychologe, Künstler und Handwerker sein, sagt Meister Guido Wirtz. Symbol-Foto: iStock/skynesher

Foto: Getty Images/skynesher

Guido Wirtz ist erfahren. Der Freiseurmeister  berät im eigenen Salon in Körperich (Eifelkreis Bitburg-Prüm) seine Kunden und steht der Landesinnung vor. „Wer Psychologe, Künstler und Handwerker ist, muss Friseur sein“, sagt er lachend. Man müsse zuhören und verstehen, was der Kunde möchte und es dann auch noch künstlerisch und handwerklich umsetzen können. Im Interview sagt er, was er von der Graue-Haar-Mode für junge Frauen gehalten hat, was junge Männer gerade möchten und bestätigt das Klischee, das nach einer Trennung auch schon mal ein (Haar-)Schnitt fällig wird.

Wie in der Mode gibt es im Frühjahr und Herbst neue Frisuren-Looks. Wie lange dauert es bis ein Trend bei Ihnen und sozusagen auf der Straße ankommt?

WIRTZ: Grundsätzlich ist es so, dass wir den Kunden die neuen Looks und Trends zeigen und sie mit ihnen besprechen. Bis so etwas dann von der großen Masse umgesetzt und angenommen wird, dauert erfahrungsgemäß immer etwas länger. Es sind immer nur einzelne Kunden, die Looks schnell übernehmen.

Wie viele Kunden kommen tatsächlich zu Ihnen und möchten wie bei der Kleidung auch regelmäßig ihr Haarstyling wechseln?  

WIRTZ: Wir werden von Kunden sehr häufig nach neuen Frisuren-Trends gefragt. Das ist keine Seltenheit und gilt für Frauen und Männer gleichermaßen. Sie kommen und fragen, was ist denn nun Trend? Die Kunden möchten einfach informiert sein und möchten, dass ihr Friseur ihnen als Fachmann und Ansprechpartner des Vertrauens über neue Looks Auskunft geben kann. Ob es der Kunde dann umsetzt, ist eher zweitrangig.

Stimmt es, dass vor allem Frauen, die einen Einschnitt erleben, wenn vielleicht eine Beziehung in die Brüche geht, auch optisch einen Cut machen möchten?

WIRTZ: Ja, das lässt sich bestätigen. Wenn auch nicht in der Masse, aber es kommt vor, dass nach einem persönlichen Einschnitt oder einer Lebensveränderung auch eine Frisurveränderung gewünscht wird.

Ist die Experimentierfreude bei Teenagern und Twens noch höher als bei Erwachsenen, die ja nicht selten die einmal gefundene Lieblingsfrisur beibehalten?

WIRTZ: Wenn man seinen Style noch nicht gefunden hat, reagiert man natürlich auch schneller auf Trends. Das ist so. Die jungen Menschen begegnen durch die sozialen Medien, durch Tiktok, Instagram oder Facebook, ja sehr schnell und immer wieder neuen Einflüssen.

Kommt es vor, dass gerade junge Menschen, die Frisur ihres Lieblingsstars möchten – wie zum Beispiel, die der Musikerin Billie Eilish? Sie hatte schwarz-grünes Haar und ist jetzt zu blondem gewechselt.

WIRTZ: Das kommt durchaus vor, ist aber nicht die Regel. Es wird nach solchen extremen Trends gefragt, aber, ob sie dann umgesetzt werden …

Raten Sie auch mal ab?

WIRTZ: Man muss auch wissen, was man unter Umständen dem Haar antut. Aus einem schwarzen Haar kann ich kein grünes oder blaues machen. Der Weg dahin, ist einfach enorm strapaziös für das Haar und würde auch technisch nicht funktionieren. Da kommt es auf die fachliche Sensibilität von uns Friseuren an.

In den vergangenen Jahren war silbergraues Haar bei jungen Frauen angesagt. Hält dieser Trend an oder verliert er sich?

WIRTZ: Gottseidank verliert er sich ein wenig.

Wieso Gottseidank?

WIRTZ: Wir Friseure tun uns schwer, graue Haare super toll zu finden. Es gibt ja auch die Kunden, die ihre altersbedingt grauen Haare nicht möchten, weil sie sich damit nicht wohl fühlen. Diese Graue-Haar-Mode habe ich persönlich bei jungen Menschen bis höchstens 25 Jahren gut gefunden oder akzeptiert, weil sie damit nicht älter aussehen. Dann wollten aber auch 30- oder 40-Jährige diesen Trend mitmachen und bei ihnen wirkt das anders, weil sie theoretisch rein biologisch schon graue Haare haben könnten. Dazu kommt, dass für das Haar auch belastend ist. Die Grundlage, um ein graues Haar erzeugen zu können, ist weiß. Das Haar wird also zuerst so lange hochblondiert, bis es weiß ist. Bei jemandem, der blond ist, ist das kein sehr großes Problem. Aber bei einem dunkelhaarigen Menschen ist es eine Herausforderung, bis es so weit ist. Da ist der Friseur als Berater gefragt. Gottseidank ist dieser Grau-Trend jetzt vorbei. Es gibt bei der jüngeren Generation noch den Trend zu einem kühlen Blond. Ich gehe davon aus, dass sich auch das mit der Zeit verläuft.

Gibt es einen Zeitpunkt, bei dem Alter und gefärbtes Haar aus Ihrer Erfahrung nicht mehr zusammen passen?

WIRTZ: Da kann ich für mich und vielleicht für alle Friseure sprechen: Eine Frau, die schön mit grauen Haaren aussieht, sieht mit gefärbten Haaren noch schöner aus. In unserer Gesellschaft ist implantiert, Grau mit fade gleichzusetzen. Das kommt nicht von uns Friseuren und muss auch nicht zwangsläufig so sein.

Es gibt eine Bewegung, die prominente Frauen wie die Moderatorin Birgit Schrowange vorantreiben, um anderen Mut zu machen: Sie färben nicht mehr und stehen zu ihren grauen Haaren.

WIRTZ: Birgit Schrowange hat lange eine Perücke getragen, bis die Farbe herausgewachsen war. Aber auch dieser Trend zum natürlichen grauen Haar war auch dadurch bedingt, weil jüngere ihre Haare silbern getragen haben und das hat sich, wie schon gesagt, mittlerweile wieder gelegt.

Aber kippt es irgenwann? Was empfehlen Sie Kunden, sollte die Haarfarbe nicht mehr zum Alter passen?

WIRTZ: Wenn ich als Frisur der Meinung bin, die Farbe passt nicht mehr zu einem Typ, rate ich, sie anzupassen. Es gibt da kein bestimmtes Alter. Eine 70-Jährige kann mit einer Farbe super aussehen, die ich einer 40-Jährigen nicht empfehlen würde. Das hängt vom Gesamtbild ab und wie sich ein Kunde oder eine Kundin im Ganzen präsentiert. Dafür gibt es kein allgemeines Raster, ob ab 50, 60, 70 oder 80 Jahren? Das lässt sich nicht verallgemeinern. Das war vielleicht früher so.

Was geht in Ihnen vor, wenn Sie Menschen mit schlecht gefärbten Haaren sehen? Ich erinnere mich an einige männliche Schauspieler von früher. 

WIRTZ: Schlecht gefärbte Haare gibt es bei Männern und Frauen. Aber noch vor zehn Jahren waren die Friseure auf Männer noch nicht so eingespielt. Heute haben wir gerade für sie Haarfarben, bei denen ich mich sogar als Friseur schwer tue, zu sagen, ist es Natur oder nicht.

Heißt das, dass sich bei der Farbentwicklung einiges getan hat?

WIRTZ: Gerade auf dem Farbmarkt hat sich beim Friseurhandwerk in den letzten Jahren kolossal viel verändert. Zum Beispiel ist der Anteil der Chemie von vielen Herstellern reduziert worden und Farbe ist sehr individuell geworden. Sie bringt sogar teilweise deutlich mehr Pflege für das Haar mit – sehr zur Freude von uns Friseuren. Wir haben von der Industrie in den letzten Haaren wirklich tolles Handwerkszeug bekommen.

Was ist gerade modern und wird aus Ihrer Sicht bleiben? Wie steht es um dem Mittelscheitel, der ja wieder in ist?

WIRTZ: Ja, der Mittelscheitel ist ein Trendlook, aber er passt nicht zu jedem. Grundsätzlich werden wieder mehr Akzente gesetzt, zum Beispiel mit dem sogenannten Face-Framing. Dabei bekommt die vordere Kontur einen anderen Farbton als der Ober- und Hinterkopfbereich. Das Pony reicht bis zum Kinn. Das Schöne an der aktuellen Frisurenmode ist, dass sie sehr individuell ist und leichter verändert werden kann. Wandlung ist ein sehr starkes Thema: Das heißt, man hat einen Schnitt, aus dem man verschiedene Looks frisieren kann. Diese Entwicklung hat mit dem Glätteisen und dem Lockenstab begonnen, mit denen man leicht eine Frisur verwandeln kann – wer abends essen geht, stylt einfach um. Beim sogenannten Shineline-Look der Damen zum Beispiel wird der Oberkopf voll gelassen und nach vorne mit Pony frisiert. Derselbe Schnitt lässt sich durch Seitenscheitel zu einer ganz anderen Frisur machen.

Was ist denn mit der klassischen Dauerwelle? Verschwunden?

WIRTZ: Die permanente Umformung brauchen wir generell durch die neuen Hilfsmittel wie Glätteisen und Lockenstab nicht mehr unbedingt. Aber es gibt sie natürlich und wir haben noch einen treuen Kundenstamm, der sagt, ich brauche das für meinen Halt

Was ist denn bei den Schnitten angesagt?

WIRTZ: Man versucht auch hier Akzente zu setzen, indem man im Ponybereich oder in der Frontpartie kürzer arbeitet. Man probiert, mehr Bewegung in das Haar zu bekommen, das erreicht man durch eine Abstufung oder auch durch das erwähnte Face-Framing.

Was tut sich bei den Männern? Tragen sie das Haar wieder länger?

WIRTZ: Ja, die Tendenz geht wieder in den längeren Bereich. Aber auch hier geht es ganz deutlich um die wandelbare Frisur und es kommt wieder mehr Bewegung ins Haar – damit meine ich tatsächlich die permanente Umformung.

War die Dauerwelle für Männer früher nicht eher verpönt?

WIRTZ: Als sie herauskam, war es ein Trend, dann wieder nicht. Aber auch hier hat uns die Industrie mittlerweile ganz tolle Hilfsmittel zur Verfügung gestellt. Die aktuelle Umformung hat mit der alten Dauerwelle mit sehr kleinen Locken nicht mehr viel zu tun. Wir haben ganz andere Produkte und Wickeltechniken, die einen ganz besonderen Look geben können. Interessanterweise fragen jetzt gerade jüngere Männer nach Dauerwellen.

Informationen zu den Trendlooks des Zentralverbands des Deutschen Friseurhandwerks auf www.friseurhandwerk.de

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