Gesellschaft Ob der Film Der Schuh des Manitu witzig oder einfach nur schwulenfeindlich ist

Berlin · Das Kinojahr 2021 bleibt wegen Corona kompliziert – doch welche Filme bewegten eigentlich vor zehn, 20, 30, 40 und 50 Jahren die Menschen? Einen aus dieser Auswahl kritisiert ein Trierer. Aber warum eigentlich?

 Podiumsdiskussion  Karl Marx nach dem Karl Marx Jahr Johannes Kram

Podiumsdiskussion  Karl Marx nach dem Karl Marx Jahr Johannes Kram

Foto: TV/Hans Krämer

Im Kinojahr 2021 ist vieles unsicher. Wann und wie etwa der neue Bond oder andere Filme wirklich ins Kino kommen, ist unklar. Da bleibt Cineasten oft nur, alte Filmkunst zu Hause anzuschauen. Doch welche Filme bewegten eigentlich vor zehn, 20, 30, 40 und 50 Jahren die Zuschauer und Kritiker? Und weshalb sollte man bei dem deutschen Spielfilm „Der Schuh des Manitu“ von Michael „Bully“ Herbig genau hinschauen?

Erfolgreichster Film in Deutschland war vor zehn Jahren mit etwa 6,5 Millionen Kinobesuchern (laut FFA) „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes: Teil 2“. In Cannes gewann „The Tree of Life“ von Terrence Malick die Goldene Palme, der Goldene Bär der Berlinale ging an „Nader und Simin – Eine Trennung“ des iranischen Regisseurs Asghar Farhadi. Bester Film bei den Oscars wurde „The King’s Speech – Die Rede des Königs“ über den stotternden Vater der jetzigen Queen. Für Aufsehen sorgte Lars von Triers Depressions- und Endzeitfilm „Melancholia“. Zur Corona-Krise einen beeindruckenden Bezug hat der Virus-Thriller „Contagion“ (Ansteckung) unter anderem mit Marion Cotillard und Matt Damon. Regisseur Steven Soderbergh zeigt darin eine Pandemie und ihre weltweiten Verwerfungen. Der Film lockte ab Oktober 2011 in Deutschland aber nur etwa 380 000 Menschen ins Kino.

Erfolgreichster Kinofilm in Deutschland war vor 20 Jahren mit 12,6 Millionen Besuchern „Harry Potter und der Stein der Weisen“. Etwa 11,8 Millionen gingen in „Der Herr der Ringe: Die Gefährten“. Zu Klassikern gereift sind aus dem Jahr 2001 Filme wie der Los-Angeles-Mystery-Thriller „Mulholland Drive – Straße der Finsternis“ und das Paris-Märchen „Die fabelhafte Welt der Amélie“. Deutscher Kinohit war die Karl-May-Film-Parodie „Der Schuh des Manitu“ mit sagenhaften 11,7 Millionen Besuchern. Die Komödie mit dem tuckigen Apachenhäuptlingsbruder Winnetouch auf der „Puder Rosa Ranch“ sorgt bis heute für Kontroversen. Der Autor Johannes Kram („Ich hab ja nichts gegen Schwule, aber ... Die schrecklich nette Homophobie in der Mitte der Gesellschaft“) wirft ihr vor, Schwulenfeindlichkeit gefördert zu haben. „Deutschland kann endlich über sich selber lachen, bildete es sich damals ein. Dabei lachte es vor allem über Homosexuelle, besser gesagt tuntige Schwule.“ Macher Michael Herbig sagte 2020 in einem dpa-Interview: „Darf man Schwule parodieren? Wir arbeiten in einer Branche, in der man ständig mit schwulen Kollegen zu tun hat. Man ist eng befreundet, man mag sich. Wenn da jemals einer gekommen wäre und uns gesagt hätte, ihr tut uns weh damit, hätten wir sofort die Finger davon gelassen.“

Erfolgreichster Film in Deutschland war vor 30 Jahren mit etwa 6,7 Millionen Besuchern Kevin Costners mit sieben Oscars ausgezeichnetes Epos „Der mit dem Wolf tanzt“. Bei den Oscars 1991 gewann der Schweizer Film „Reise der Hoffnung“ von Xavier Koller als bester nicht-englischsprachiger Film. In die Filmhistorie ging als Werk von 1991 vor allem Jonathan Demmes Psycho-Thriller „Das Schweigen der Lämmer“ mit Jodie Foster und Anthony Hopkins ein. Der Film über die Suche nach einem Serienkiller („Es reibt sich die Haut mit der Lotion ein, das macht es, wann immer man es ihr sagt.“) gehört bis heute zu den ganz wenigen, die bei den Oscars die Big Five abräumten – also dann 1992 die fünf wichtigsten Kategorien Bester Film, Beste Regie, Bestes Drehbuch, Beste Hauptdarstellerin und Bester Hauptdarsteller. Ebenfalls ein Meilenstein der Filmgeschichte ist James Camerons „Terminator 2 – Tag der Abrechnung“ mit Arnold Schwarzenegger. Deutscher Kinohit Nummer eins war damals Loriots amüsante Rentnerkomödie „Pappa ante portas“.

Zu den erfolgreichsten Kinofilmen in Deutschland gehörte vor 40 Jahren der Disney-Zeichentrickfilm „Cap und Capper – zwei Freunde auf acht Pfoten“ über einen Fuchs und einen Hund. In Cannes gewann „Der Mann aus Eisen“ von Andrzej Wajda, in Venedig das Terrorismus-Melodram „Die bleierne Zeit“ von Margarethe von Trotta mit Jutta Lampe und Barbara Sukowa in den Hauptrollen. 1981 war außerdem ein Bond-Jahr mit „James Bond 007 – In tödlicher Mission“ – gedreht wurde er unter anderem auf der griechischen Insel Korfu und im italienischen Alpen-Ort Cortina d‘Ampezzo. Deutscher Kinohit Nummer eins war „Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ von Ulrich Edel. Der Film beruht auf den 1978 veröffentlichten Recherchen von Kai Hermann und Horst Rieck über das Leben der drogenabhängigen Jugendlichen Christiane Felscherinow in Berlin. 2021 gibt es eine neue Streaming-Serie zu den „Kindern vom Bahnhof Zoo“. Bei den Oscars räumte 1981 Robert Redfords Regiedebüt „Eine ganz normale Familie“ die wichtigsten Preise ab. Klassiker aus dem Jahr sind zum Beispiel die amerikanisch-englische Horrorkomödie „American Werewolf“ und das deutsche Weltkriegsdrama „Das Boot“ von Wolfgang Petersen.

 Die Western-Parodie „Der Schuh des Manitu“ von Michael „Bully“ Herbig ist einer der erfolgreichsten deutschen Nachkriegsfilme. Johannes Kram (rechts) kritisiert den Film, weil er homophob sei.

Die Western-Parodie „Der Schuh des Manitu“ von Michael „Bully“ Herbig ist einer der erfolgreichsten deutschen Nachkriegsfilme. Johannes Kram (rechts) kritisiert den Film, weil er homophob sei.

Foto: picture-alliance / dpa/Constantin_Film

Zu den erfolgreichsten Kinofilmen in Deutschland gehörte vor 50 Jahren der Disney-Zeichentrickfilm „Aristocats“. Klassiker von 1971 mit Wirkung bis heute sind Filme wie „Uhrwerk Orange“ von Stanley Kubrick (US-Premiere Ende 1971, Kinostart dann Anfang 1972), „Love Story“ (mit Ali MacGraw und Ryan O’Neal und der Musik von Francis Lai) sowie „Harold und Maude“ (mit Bud Cort und Ruth Gordon und der Musik von Cat Stevens). 1971 war außerdem auch ein Bond-Jahr: „Diamantenfieber“ mit dem als Agent 007 zurückgekehrten Sean Connery kam ins Kino. In der Bundesrepublik Deutschland zeigte sich bizarrer Filmgeschmack mit dem Werk „Der neue Schulmädchen-Report - 2. Teil: Was Eltern den Schlaf raubt“.

(dpa)
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