Kulturförderung Lichtblick oder rausgeschmissenes Geld?

Mainz/Mülheim · Tickets kaufen, um daheim am Bildschirm ein Konzert zu hören – in Corona-Zeiten ist das fast normal. Und dann fördert das Land den Organisator trotzdem noch mit 25 000 Euro. Da mag sich mancher fragen, ob das Geld nicht besser anders investiert würde. Der TV hat beim Land und dem Organisator des Live-Streams nachgefragt.

 Die Popsängerin Ella Endlich singt am Valentinstag mit Thomas Schwab und Band im Live-Stream.

Die Popsängerin Ella Endlich singt am Valentinstag mit Thomas Schwab und Band im Live-Stream.

Foto: Felix M. Weber

Wenn Sonntagabend „die schönsten Love Songs“ von Thomas Schwab und Band  zum Valentinstag als Live-Stream-Konzert ab 18 Uhr präsentiert werden, dann freuen sich sicherlich viele Musikfans. Denn immer noch erlauben es die aktuellen Corona-Regelungen nicht, Konzerte vor Zuhörern zu geben. So wie seit Monaten Clubs und Diskotheken geschlossen sind, sind auch die Konzerthallen zu. Eine Situation, unter der Veranstalter, Musiker und Techniker leiden. Viele stehen, weil sie selbstständig sind, ohne Einnahmen da.

Eine Form, so einen Live-Stream zu finanzieren, ist es, Tickets zu verkaufen. Daneben fließen oft auch Einnahmen von Sponsoren an den Veranstalter oder an die Gruppen. Und wer sich getraut hat, kann einen Teil seiner Kosten über Fördermittel decken. So macht es die Schwab Entertainment GmbH aus Mülheim an der Mosel. Sie organisiert das Valentins-Konzert von Thomas und Band und seinen Freunden. Das Unternehmen trägt damit auch das Risiko für diese Veranstaltung. Um Kostenrisiken abzudecken, hat das Unternehmen vom Land einen Zuschuss in Höhe von 25 000 Euro erhalten (der TV berichtete).

Die Förderung stammt aus dem Landesprogramm „Im Fokus. 6 Punkte für die Kultur“ und zur Maßnahme „Lichtblicke“. Insgesamt wurden vom Land hieraus in einer ersten Runde zehn Projekte mit insgesamt 227 000 Euro gefördert, darunter beispielsweise auch ein „magischer Varieté-Abend“ mit ebenfalls 25 000 Euro in Ober-Flörsheim (Landkreis Alzey-Worms) oder die Wiedereröffnung des Gloria Kulturpalasts in Landau mit 25 000 Euro.

Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass Kulturveranstaltungen seitens der öffentlichen Hand kofinanziert werden. Das gilt für Konzerte beim Mosel Musikfestival genauso wie für Film- oder Theaterfestivals. Trotzdem stellt sich die Frage, weshalb das Land kommerziell aufspielende Profis finanziell bei ihren Bemühungen unterstützt, in dieser Krise mit ihren Projekten Geld zu verdienen.

Auf eine entsprechende Anfrage des TV antwortete das Kultusministerium: „Es ist nicht die Zielsetzung der Maßnahme, etwas Besonderes oder besonders Innovatives zu fördern, sondern der Veranstaltungswirtschaft sowie Künstlern Einnahmen in dieser für sie sehr schweren Zeit zu ermöglichen. Da derzeit nur Streaming-Angebote möglich sind, und wir am Erhalt der Kulturszene des Landes in ihrer ganzen Bandbreite ein starkes Interesse haben, gehört auch dieses Projekt zu den ausgewählten.“

Markus Nöhl, Pressesprecher des rheinland-pfälzischen Kultusministeriums, ergänzt: „Wie auch bei anderen Landesförderungen, etwa des Kultursommers Rheinland-Pfalz, liegt hier eine Fehlbedarfsfinanzierung vor. Sollten Gewinne aus dem Projekt erwirtschaftet werden, führen diese zur Reduktion des Landeszuschusses.“

„Für uns ist die Förderung des Konzerts am Sonntagabend ein echter Lichtblick“, sagt Thomas Schwab in Anspielung auf den Namen der Fördermaßnahme des Landes. Zu seiner Motivation, beim Kultusministerium eine entsprechende Unterstützung anzufragen, erklärt Schwab: „Trotz fast unüberwindbarer Hindernisse wollten wir nicht tatenlos herumsitzen und darauf warten, dass es irgendwann wieder besser wird. Wir gehören zu einer kreativen Branche und wir haben für uns beschlossen, so kreativ wie möglich mit der Pandemie umzugehen. Nichtstun entspricht nicht unserer DNA.“ Schwab sagt über die Risiken, die mit einem Live-Stream verbunden sind, dass „es im Gegensatz zu unseren ‚normalen’ Live-Veranstaltungen, die sich alleine durch den Verkauf von Tickets tragen, momentan noch kaum möglich“ sei, bei einem Streaming-Konzert kostendeckend zu arbeiten. Das liege an den hohen Kosten für die Umsetzung und an den geringen Ticketpreisen. Hinzu komme, dass das Publikum sich nur langsam für die neuen digitalen Formate öffne. Ohne die Förderung durch das Land würde es das Valentins-Konzert wohl nicht geben.

„Die Veranstaltung stand bis vor zwei Wochen kurz vor dem Aus“, sagt Schwab. Erst durch die Unterstützung des Landes Rheinland-Pfalz sei es möglich, das Projekt zu realisieren.

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