Zum Tode von Mark Hollis „Such A Shame“: Talk Talk-Sänger Mark Hollis ist tot

Der Sänger von Talk Talk starb 64-jährig. Er hatte sich komplett aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.

 01.01.1980, ---: Mark Hollis, britischer Sänger der Band Talk Talk. Hollis ist tot (undatierte Aufnahme). Das bestätigte der frühere Manager der Band, K. Aspden, am 26.02.2019 der Deutschen Presse-Agentur. (zu dpa "Talk-Talk-Sänger Mark Hollis im Alter von 64 Jahren gestorben" vom 26.02.2019) Foto: Goedefroit Music/LFI/Photoshot/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

01.01.1980, ---: Mark Hollis, britischer Sänger der Band Talk Talk. Hollis ist tot (undatierte Aufnahme). Das bestätigte der frühere Manager der Band, K. Aspden, am 26.02.2019 der Deutschen Presse-Agentur. (zu dpa "Talk-Talk-Sänger Mark Hollis im Alter von 64 Jahren gestorben" vom 26.02.2019) Foto: Goedefroit Music/LFI/Photoshot/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Goedefroit Music

Mark Hollis wurde berühmt, weil er einige große und sehr tolle Pop-Hits geschrieben hat, „Such A Shame“ und „It’s My Life“ mit seiner Band Talk Talk etwa. Legendär wurde er aber erst durch sein Verschwinden. 1998 nahm er seine letzte Platte auf, danach war er weg, raus aus der Öffentlichkeit, raus aus dem Musikbusiness. Er soll nur alle paar Jahre mal bei seinem Agenten Tantiemen abgeholt haben und ansonsten Ehemann und Vater gewesen sein, wie man hört. Ein Künstler der Abwesenheit.

Hollis wurde in Tottenham geboren, 1975 kam er nach London, pünktlich zum Ausbruch des Punk. Er gründete eine Band, und als die Plattenfirma EMI in den frühen 1980er Jahren eine Gruppe suchte, die genau so erfolgreich werden könnte wie Duran Duran, war Hollis mit drei Kumpels zur Stelle: Talk Talk nannten sie sich. Sie verbanden Pop und New Wave, und bis 1986 folgte Hit an Hit, darunter „Dum Dum Girl“, „Living In Another World“ und „Life’s What You Make It“. Die Plattenfirma jubelte und gab der Gruppe freie Hand: unbegrenztes Budget; das nächste Album sollte ein Meisterwerk werden.

Das wurde es tatsächlich, allerdings nicht so, wie EMI es sich vorgestellt hatte. Für „Spirit Of Eden“ verbrachten Talk Talk 18 Monate im Studio, sie gaben Unmengen an Geld aus. Es gab auf der Platte keine Single, die Musiker wollten nicht auf Tour gehen, und statt Hits waren da bloß zwei Suiten von je einer Album-Seite Länge. Stil: Post-Rock, Jazz, Pop-Ambient, Wehleidigkeits-Folk. Das mochte keiner kaufen, also verklagte EMI die Band wegen mutwilliger Obskurität und Unkommerzialität. Die Auseinandersetzung wurde zwar irgendwann fallengelassen, führte aber dazu, dass in Verträgen seither steht, dass Produktionen einer Band von kommerziell befriedigenden Natur zu sein haben.

Für die Industrie muss es gewirkt haben, als arbeite Mark Hollis gegen das System. Von heute aus betrachtet, war er ein Genie, das kompromisslos seiner Vision folgte. Sein Lieblingssänger sei Otis Redding gab er an, sein Lieblings-Songwriter Burt Bacharach und seine Lieblingsband Can aus Köln. Und so klang „Spirit Of Eden“ 1988 denn auch: beseelt, düster, voller Ideen, vertrackt, unheimlich, tief und neu. Das Album wurde in den folgenden Jahren von zahlreichen Künstlern als Inspirationsquelle wiederentdeckt, von Radiohead etwa.

Talk Talk wechselten zu Polydor, nahmen 1991 eine weitere Platte auf, die fast ebenso gut ist, aber noch viel abwegiger war. Dann löste sich die Gruppe auf. 1998 legte Mark Hollis ein Soloalbum vor. Es stand eine Woche in den britischen Charts, danach hörte niemand mehr etwas von dem Mann. Er hatte alles gesagt, sich allen Zuschreibungen und Erwartungen entzogen. Er war hinter seinem Werk verschwunden. Mark Hollis, der Popstar, hatte sich aufgelöst. Sein Mythos indes wuchs, Neuausgaben der späten Alben mehrten den Ruhm, nachgeborene Künstler verneigten sich.

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Nun ist Mark Hollis 64-jährig nach kurzer Krankheit gestorben. Man sollte sich seine späten Platten noch einmal ganz in Ruhe anhören, eintauchen in diese Musik. Darin brennt Licht. „Do You See?“ lauten die letzten Worte auf Hollis letzter Platte.

Hat ein bisschen gedauert, aber: Yes.

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