Konzerte / Klassik Am Vorabend der Wiener Klassik

Trier · Die Münchener Accademia di Monaco gastierte mit Graupner und Telemann in Trier.

 Konzentriert bei der Musik: die Mitglieder der Accademia die Monaco beim Konzert in Trier.

Konzentriert bei der Musik: die Mitglieder der Accademia die Monaco beim Konzert in Trier.

Foto: Martin Möller

  Christoph Graupner – wer kennt den schon?  Ohnehin glauben die meisten Musikfreunde, dass bei Musik des 18. Jahrhunderts alles Gute schon bekannt ist. Aber dann kommt mit der „Accademia di Monaco“ ein junges Ensemble aus München in die voll besetzte Trierer Welschnonnenkirche und räumt vorsichtig, aber konsequent mit den eingefahrenen Klischees auf.

Der Darmstädter Kapellmeister Graupner war ganz sicher kein Revolutionär, aber er war ein Ideengeber. Traversflöte, Laute, die Viola d‘amore und der  Klarinetten-Vorläufer Chalumeau, dazu die Streicher – sie verbinden sich in seiner Musik zu einem ganz anderen Ensembleklang als gewohnt. Wärmer, weicher, singender ist er – und ungleich flexibler als der Barock-Klang Bachs, Händels oder auch der Italiener. Immer wieder begegnen zärtlich ausschwingende Passagen anderen Elementen des „galanten Stils“. Selbst die führende Solo-Oboe im B-Dur-Concerto (Werk-Verzeichnis 343) fällt nicht heraus aus diesem Rahmen. Und im selben Werk entfaltet Graupner eine Klangfläche mit zahllosen, höchst modernen Farbwechseln.

Graupner war in der Musik ein Aufklärer.  Ganz wie sein Freund und Kollege Telemann kommt er ohne Verklärung  politischer oder religiöser Hierarchien aus. Seine Kompositionen richten sich an den aufmerksamen, den mitfühlenden Zuhörer. Darin  klingt ein aufklärerischer Grundsatz mit: Kunst solle „Nachahmung der Natur“  sein. Da ist die Wiener Klassik nicht mehr fern.

Die Accademia di Monaco, sie  übertrug solche Einsichten überzeugend in klingende Wirklichkeit. Es war eine Reihe von glücklichen Umständen, die in der Welschnonnenkirche zusammenkam: die einfallsreiche Musik von Graupner und Telemann, das barocke Gotteshaus, die Nähe der Musiker zum Publikum. Und vor allem: die Qualität dieses Ensembles. Es stehe „an der Schnittstelle zwischen Ausbildung und Beruf“, sagte Joachim Tschiedel, Cembalist und gemeinsam mit Mary Utiger  musikalischer Leiter.

Was diese Klassifizierung eher verdeckt: In der „Accademia“ sind junge, aber hochprofessionelle Musiker am Werk. Das heikle historische Instrumentarium beherrschen sie souverän. Stilistisch beziehen sie Distanz zu allen Extremen. Nichts klingt überdreht oder  verzerrt. Es ist ein Musizieren aus der stilistischen und emotionalen Mitte, in Tempogebung, Artikulation und  Klang. In Graupners Solokantate „Das Licht des Lebens“ zudem verbinden sich Anna-Lena Elberts schlanker, kultivierter Sopran und Tobis Lehmanns Naturtrompete zu einem brillanten Duo.  Und den beweglichen, tändelnden Tonfall in Telemanns Konzertsätzen trifft das Ensemble genau. Die Besucher hatten sich in der Pause mit Plätzchen und Glühwein versorgt. Sie verließen die Kirche in beschwingter Stimmung.

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