Konzerte Belcanto mit Botschaft

Trier · Das Neujahrskonzert am Theater Trier hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck, sängerisch meist glänzend, dramaturgisch jedoch matt.

 Die Protagonisten des Trierer Neujahrskonzertes geben im Jahr 2019 nur  eine Zugabe: Jochem Hochstenbach, Carl Rumstadt, Blaise Rantoanina, Janja Vuletic und Eva Maria Amann (vvon links).

Die Protagonisten des Trierer Neujahrskonzertes geben im Jahr 2019 nur  eine Zugabe: Jochem Hochstenbach, Carl Rumstadt, Blaise Rantoanina, Janja Vuletic und Eva Maria Amann (vvon links).

Foto: Dirk Tenbrock

Es herrscht gespannte Erwartung, flirrende (leider etwas abgestandene) Luft im Großen Haus des Trierer Theaters bei über 600 beschwingten Besuchern des zweiten Neujahrskonzertes am Montagabend, das erste, ebenfalls ausverkaufte Konzert hatte bereits um 15 Uhr stattgefunden. Zum Auftakt herrliche Walzerseligkeit von Johann Strauss mit der Ouvertüre aus „Eine Nacht in Venedig“, das „Komm in die Gondel“-Thema langsam und mit dem nötigen Schmelz dirigiert und musiziert, dann forsche Wechsel der Tempi, ein verheißungsvoller Beginn.

Leider erfüllt sich diese Verheißung nicht vollends, es will im Laufe des Konzertes einfach keine Champagnerseligkeit aufkommen. Möglicherweise war das auch nicht die Intention des neuen Orchesterchefs Jochem Hochstenbach, dann war die Erwartung eines Großteils des Publikums aber eben eine andere. Der hat das Programm mit „Eine Nacht in Venedig“ überschrieben, das Programmheft ziert das Foto eines Feuerwerkes über der Rialto-Brücke, ein musikalisches Feuerwerk war jedenfalls nicht zu hören. Ernst und getragen Mahlers Adagietto aus der 5. Sinfonie, das als Filmmusik durch Viscontis Epos „Tod in Venedig“ bekannt wurde. Auch Wagners Ouvertüre aus „Der fliegende Holländer“ kommt sehr dramatisch daher, hier dürfen die Blechbläser auftrumpfen. Alternativ dazu vier (!) fröhliche Stücke aus Rossinis „Barbier von Sevilla“ und drei seltene Preziosen aus „La Gioconda“ von Amilcare Ponchielli.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Musikalisch und technisch ist das alles auf dem gewohnt hohen Niveau von Hochstenbach und seinem Orchester, von kleineren, wohl der Anstrengung zweier Konzerte an einem Tag geschuldeten Unsauberkeiten einmal abgesehen. Die Sänger konnten solo, im Duett und Terzett mit Belcanto glänzen, allen voran Janja Vuletics koloraturreicher, kräftiger und klangschöner Mezzo und Eva Maria Amanns strahlender Sopran. Carl Rumstadt prunkt mit seiner Bühnenpräsenz als formvollendeter Bariton. Blaise Rantoaninas filigraner Tenor verblasst da etwas.

Der Musikauswahl zum Thema Venedig fehlen aber der rote Faden und ein stringenter Spannungsbogen, die Stimmungswechsel sind abrupt. Ein ernstes Thema und ein durchaus hehres Anliegen durchziehen die Moderationen des Generalmusikdirektors (GMD): Venedig als Lagunenstadt sei akut vom Untergang bedroht, Klimawandel, Umweltsünden und Korruption tun ein Übriges. Diese Ausführungen würzt Hochstenbach mit Anekdoten über den Berliner Flughafenbau und selbstironischen Scherzen, so bekommt er dann doch einige Lacher bei aller Betroffenheit. Der GMD will viel, er kann auch viel – sogar Mendelssohn am Flügel spielen –, vielleicht hat er sich aber zu viel vorgenommen. Ein Neujahrskonzert ist sicher kein Sinfoniekonzert, hier müssen andere Maßstäbe gelten, der optimistische und schaumweinselige musikalische Auftakt ins neue Jahr sollte aber vor allem eine bestimmte Stimmung transportieren, nämlich eine positive. So war es zumindest in den vergangenen Jahren Brauch beim Philharmonischen Orchester der Stadt Trier.

Aus Gründen der Höflichkeit und Offenheit gegenüber dem Neuen verbieten sich zwar Vergleiche mit der Vergangenheit, dennoch kommt man nicht umhin, dies am Anfang des Jahres 2019 zu tun, zumal viele der über 1200 Besucher der beiden Konzerte seit langem Stammgäste des Hauses sind. Und die verließen dieses zum großen Teil mit gemischten Gefühlen: „Das war mir zu ernst“, sagt eine Dame, „es hat mich nicht berührt“ eine andere. „Ganz ehrlich? Da war mehr drin, nur eine Zugabe ist auch eher ungewöhnlich“, so ein weiterer Besucher.

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