Vinyl der Woche: Graceland – Paul Simon Als ich ich mich (fast) in Paul Simon verliebte ...

Serie · Paul Simon feiert am Mittwoch seinen 80. Geburtstag. Ein Mann, über den es etliche Geschichten gibt. Viele davon sind bekannt, eine hat bisher noch nie das Tageslicht erblickt: Die persönliche (nicht ganz ernst gemeinte) Fast-Liebesgeschichte unseres Autors mit Paul Simon in Edinburgh.

 Graceland von Paul Simon

Graceland von Paul Simon

Foto: Band

Es gibt natürlich unendlich viele Geschichten über Paul Simon. Ist ja auch klar, der Mann wird immerhin heute 80 Jahre alt und hat einen Großteil dieser Jahre im obersten Regal der Musikindustrie verbracht. Als Paul Simon Art Garfunkel bei den Proben zu Alice im Wunderland kennenlernte, wie er 1991 ein Gratiskonzert im New Yorker Central Park vor 750 000 Menschen gab oder die Sache vor einigen Jahren, als er und seine Frau Edie Brickell wegen „ungebührlichen Verhaltens“ festgenommen wurden. Alles bekannt, alles wenig interessant. Also, liebe Leser ... was soll ich Ihnen hier alte Simon-Kamellen auftischen? Ich erzähle Ihnen meine persönliche Paul-Simon-Geschichte. Dass diese interessanter als die oben erwähnten ist, kann ich nicht versprechen. Aber eines steht fest: Sie wird Ihnen völlig neu sein (außer eine mittlerweile 26-jährige Medizinische Fachangestelle aus Hessen liest mit, aber dazu später mehr ...).

Also, Mr. Simon ... wo haben wir uns kennen (und zumindest ein bisschen lieben) gelernt? Bei meinem letzten Urlaub vor Corona. Edinburgh, Hauptstadt Schottlands. Unser erstes Date war reiner Zufall. Oder sollen wir es Schicksal nennen?

 Feiert heute seinen Achtzigsten: Paul Simon.

Feiert heute seinen Achtzigsten: Paul Simon.

Foto: AP/Evan Agostini

Jedenfalls schlenderte ich abends entspannt durch die Straßen Edinburghs, auf der Suche nach einem letzten Bier und Whiskey. Eins noch, dann geht’s ins Bett. Aus einem kleinen Pub, der Scotsmans Lounge, hörte ich die unglaublich schöne Stimme eines Akustik-Alleinunterhalters. Ich trat ein und hörte zu. Er, etwa 1,75 Meter groß, Glatze, Bart. Name: Acoustic David, sang einen Song, den ich zwar kannte, aber nie wirklich wahrgenommen hatte: You Can Call Me Al. Durch seine rauchige Stimme zauberte er eine Version in diese kleine Kneipe, die dafür sorgte, dass ich drei CDs von ihm kaufte (und natürlich nicht nach einem weiteren Bier und einem Whiskey nach Hause ging). Acoustic David versuchte uns zu verkuppeln, Mr. Simon ...

Sie spüren, liebe Leser ... ich werde etwas melancholisch. Aber weiter in der Geschichte. Einige Tage später trafen sich Paul Simon und ich wieder. Erneut unverhofft. Ach, kommen Sie, nennen wir es Schicksal. Ich zog mit einer Gruppe, bestehend aus besagter 26-jähriger Hessin, einer Berliner Altenpflegerin und einem Erasmus-Studenten (er kam aus Deutschland, woher genau, weiß ich nicht mehr) von Pub zu Pub. Wir landeten auf Empfehlung des Studenten im Finnegans Wake in der Victoria Street.

Kein uriger Pub, eher ein Club mit guter Musik. In Trier nennen wir das Lucky’s Luke (keine Werbung, das hier ist meine Kolumne und meine Meinung). Der Laden war brechend voll, die Stimmung so lala – trotz der Band, die live auftrat. Doch plötzlich, Mr. Simon, spielten sie unseren Song You Can Call Me Al. Das Finnegans Wake eskalierte. Moment, hat gerade wirklich Paul Simon Hunderte Jugendliche in Ekstase versetzt? Okay, ich war verliebt in diesen Song. Nicht in Paul Simon, sondern nur in You Can Call Me Al. Ich verliebe mich nicht nach zwei Dates. Ich bin nicht so einer. Aber überrascht war ich. Simon war für mich nur ein halber Musiker. Ohne Art Garfunkel konnte ich zuvor nichts mit ihm anfangen.

Also lud ich Paul Simon zu einem Date ein. Unserem dritten. Diesmal absichtlich, ich wollte dem Schicksal eine Chance geben. Auf dem Rückflug gen Luxemburg beschäftigte ich mich ausgiebig mit seiner Musik. Verliebt habe ich mich nicht. Aber: Dass er im Album Graceland afrikanische Klänge und Popmusik fusionierte – davor habe ich Respekt. Und ich danke ihm dafür, denn auf diesem Album findet sich You Can Call Me Al, ein Song über einen Mann, der sich in einer Midlife Crisis befindet. „Al“ ist übrigens eigentlich Paul Simon selbst: Auf einer Party sprach der Gastgeber ihn fälschlicherweise mit diesem Namen an.

Ob Al oder Paul: Für mich ist Simon noch immer nur ein halber Musiker. Aber einer, der mir durch einen Song immer in Erinnerung bleiben wird. In diesem Sinne: Happy Birthday!

P.S.: Sie fragen sich, was es mit der 26-jährigen Hessin auf sich hatte? Nix. Ich wollte nur Ihre Aufmerksamkeit gewinnen. Hat es funktioniert? Christian Thome

Alle Serienteile der „Vinyl der Woche“ finden Sie auf volksfreund.de/vinyl

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