Mittelalter Ende eines Fürstentums
Mainz/Prüm · Prüm war eines der religiösen Machtzentren unter den Karolingern. Mit dem „Goldenen Buch von Prüm“ und dem „Prümer Urbar“ entstanden im frühen Mittelalter wichtige Urkundensammlungen in der Abteistadt. Die glorreiche Zeit endete, als Jakob III. von Eltz das Fürstentum Prüm 1576 auflöste.
In der Landesausstellung „Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht“ in Mainz wären, so man die Ausstellung denn zurzeit besuchen könnte, zwei Pergamentsammlungen zu sehen, die die Macht der Prümer Abtei im frühen Mittelalter demonstrieren. Dabei handelt es sich um das „Goldene Buch von Prüm“ – auch „liber aureus“ genannt – und das Prümer Urbar. Beide Dokumente, die im Stadtarchiv Trier sowie im Landeshauptarchiv Koblenz verwahrt werden, belegen die Macht, die Prüm einst ausstrahlte.
Gegründet wurde die Abtei Prüm um 721 nach Christi Geburt (ein Zusatz der mit der Christianisierung durch die Karolinger üblich wurde) von Bertrada der Älteren, der Urgroßmutter Karls des Großen, und ihrem Sohn Charibert. Rund 30 Jahre später bestätigten die Eltern Karls des Großen (Pippin I. und Bertrada die Jüngere) die Gründung des karolingischen Königsklosters an der Prüm. Im Jahr 799, ein Jahr vor der Krönung Karls des Großen zum ersten Kaiser des Heiligen Römischen Reiches in Rom, wurde die zur Abtei gehörende Kirche Sankt Salvator feierlich eingeweiht.
Das „Goldene Buch von Prüm“ gilt laut Michael Embach, Leiter des Stadtarchivs Trier, als „eine der bedeutendsten Urkundensammlungen der Karolingerzeit“. Im Katalog zur Landesausstellung schreibt er: „Hintergrund für die Entstehung des Werkes war der Wunsch der Mönche, nach schweren Verwüstungen der Normannenstürme in den Jahren 882 und 892 die Privilegien und Besitzrechte der Abtei neu zu kodifizieren“ – also festzulegen. Die ersten Urkunden der Sammlung entstanden zwischen 891 und 919. Ergänzt wurde das „liber aureum“ etwa 100 Jahre später durch Kopien weiterer Urkunden.
Etwa zeitgleich mit dem „Goldenen Buch von Prüm“ entstand auch das Urbar der Abtei Prüm. Ein Urbar – latinisiert Urbarium – ist ein Verzeichnis über Besitzrechte einer Grundherrschaft und der von den Grunduntertanen zu erbringenden Leistungen. Allerdings ist nur eine kommentierte und bebilderte Abschrift dieser Dokumentensammlung aus dem Jahr 1222 erhalten, die von dem früheren Abt Caesarius von Milendonk angefertigt wurde. Die Historikerin Anja Ostrowitzki schreibt im Katalog zur Landesausstellung: „Die Grundherrschaft der wirtschaftsstarken Abtei umfasste mehr als 100 Landgüter, denen etwa 1 700 Bauernstellen in 400 Orten zugeordnet waren. Hier erwirtschafteten abhängige Menschen die materielle Grundlage für das religiöse Leben der Mönche, die Versorgung der zur Klostergemeinschaft gehörenden Laien und die karitativen – also der wohltätigen – Verpflichtungen des Konvents.“
Aufgeteilt ist das Urbar in 118 Kapitel, in denen die grundherrlichen Rechte und Einkünfte zusammengestellt. Die Urkundensammlung enthält mannigfache Informationen über die Lebensbedingungen im Kloster und den Alltag der Bauern Ende des 9. Jahrhunderts. Damit ist es eine wertvolle Quelle für Historiker.
Die Karolinger waren der Überzeugung, dass ein König nur dann erfolgreich sein Reich regieren könne, „wie Gott ihm gnädig war“. Dazu musste der Herrscher, so beschreibt es der Historiker Steffen Patzold, „die ihm von Gott anvertrauten Menschen zu guten Christen formen“. Das war der Kern einer gewaltigen Bildungsoffensive, in der die Klöster neben dem Königshof als Hort des Wissens das tragende Fundament bildeten.
Mit der Machtübernahme der Ottonen im 10. Jahrhundert verlagerte sich das Machtgefüge weg aus dem westlichen Eifelraum hin zum Rhein. Der Fluss bildete fortan zwischen Köln, Mainz und Frankfurt die zentrale Macht- und Handelsachse des Heiligen Römischen Reiches. Trotzdem erhob der Staufer Friedrich II. die Abtei mit ihren Ländereien im Jahr 1222 zu einem Fürstentum, das vom Rhein bis in die Bretagne und in die Niederlande reichte.
Umklammert wurde das Fürstentum vom Amt Schönecken, das ab 1384 zum Kurfürstentum Trier gehörte, sowie der Ortschaft Fleringen, über die das Kloster St. Irminen in Trier herrschte. Jakob III. von Eltz, Kurfürst und Erzbischof von Trier, zog im Jahr 1576 das Fürstentum nach längeren Streitigkeiten ein und verleibte es dem Kurfürstentum ein. Es war der letzte bedeutende Gebietszuwachs des Kurfürstentums bis zu seiner Besetzung im Ersten Koalitionskrieg durch französische Revolutionstruppen im Jahr 1794. Ob das Vermögen der Abtei zur Sanierung der Finanzen des Kurfürstentums unter Jakob III. von Eltz beigetragen hat, ist allerdings offen.