Literatur Selbstbespiegelung eines Schriftstellers

Rezension des neuen Romans von Peter Stamm "Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt"

 Das Cover des neuen Romans von Peter Stamm "Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt"

Das Cover des neuen Romans von Peter Stamm "Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt"

Foto: TV/Fischer Verlag

Das Schöne an der Literatur ist die Freiheit, dass sie Unmögliches möglich macht, Welten erfindet, die nicht sein können und die Grenzen der Realität einfach überschreitet. Was wäre, wenn ich plötzlich ein Anderer wäre? Wenn ein Anderer mein Leben leben würde? Wenn sich Leben wiederholen? Peter Stamm geht in seinem neuen und erneut sehr kurzen Roman solchen Gedanken nach. Im Mittelpunkt steht ein Schriftsteller, der lange nichts mehr zuwege gebracht hat, heftig an sich zweifelt und dann seinem Alter Ego begegnet, jenem Studenten, der er selbst einmal war. Er beginnt, den Mann zu stalken, findet dessen Wohnung just in dem Haus, wo er selbst einst lebte, und in dessen Freundin das Ebenbild seiner ehemaligen Geliebten. Ihr möchte Christoph, der Schriftsteller, seine Geschichte erzählen und sie warnen vor dem, was ihr bevorsteht und er hinter sich hat. Er folgt ihr bis Stockholm, nimmt Kontakt auf und schildert ihr dann auf einem Spaziergang durch die Stadt seine verblüffenden Erlebnisse.

So weit die Rahmenhandlung. Immer mehr stellt sich heraus, dass die Begegnungen keine realen sein können, sondern der Autor sich mit Figuren seiner Phantasie auseinandersetzt, der Hauptfigur seines einzigen Erfolgsbuchs zum Beispiel, die seine Freundin war. Oder mit sich selbst. Letztlich kreist er immer um sich und seine Vergangenheit. Und versucht, sich damit abzufinden, keinerlei Spuren zu hinterlassen in dieser – wie der Titel es nennt – sanft gleichgültigen Welt. Die Geliebte gab ihm einmal den Rat „Schreib aus dem Gefühl, nicht aus dem Kopf.“ Daran möchte man den Autor bisweilen auch erinnern. Denn die teils verwirrenden Gedankenspiele sind zwar sprachlich elegant erzählt, aber doch eher etwas für nüchterne Kopfmenschen.

Anne Heucher

Peter Stamm, Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt, S. Fischer Verlag 2018, 160 Seiten, 20 Euro.

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