Porta Nigra: Ein Geheimnis weniger Porta Nigra: Ein Geheimnis weniger

Trier · Schluss mit den Spekulationen: Holzrelikte aus Fundamentgruben belegen, dass der Bau der Trierer Stadtmauer und -tore anno 170 startete.  

 Auch Tannenholz wurde anno 170 n. Chr.  beim Bau der römischen Stadtbefestigung Triers zu Spundwänden für die Fundamentgruben verarbeitet - und 2017 bei Ausgrabungen geborgen. Im Bild: Mechthild Neyses-Eiden vom Dendrochronologischen Forschungslabor  am Rheinischen Landesmuseum. Dort wurde das Alter der Hölzer festgestellt. Foto: Roland Morgen

Auch Tannenholz wurde anno 170 n. Chr. beim Bau der römischen Stadtbefestigung Triers zu Spundwänden für die Fundamentgruben verarbeitet - und 2017 bei Ausgrabungen geborgen. Im Bild: Mechthild Neyses-Eiden vom Dendrochronologischen Forschungslabor am Rheinischen Landesmuseum. Dort wurde das Alter der Hölzer festgestellt. Foto: Roland Morgen

Foto: Medienhaus Trieirscher Volksfreund/Roland Morgen

Der Star der Pressekonferenz im Landesmuseum Trier ist ein Stück Holz. Eichenholz, so unscheinbar, dass Laien es achtlos in den Ofen werfen würden. Experten hingegen jubeln. Das Ding sei für die Wissenschaft „Gold wert“, meint Mechthild Neyses-Eiden (62), Leiterin des Dendrochronologischen Labors am Landesmuseum. Sie und ihr Kollege Andreas Rzepecki (34) haben das Holzrelikt dort untersucht – und sind zu einem erstaunlichen Ergebnis gekommen. Die Eiche, von dem es stammt, wurde 169/70 n. Chr. gefällt und zu Brettern und Pfählen verarbeitet, Erstaunlich ist das deshalb, weil die Hölzer beim Bau der Fundamente der römischen Stadtmauer Triers benötigt wurden und deren Entstehungszeit dadurch nun ebenfalls bekannt ist: Das Projekt Stadtbefestigung hat anno 170 begonnen, und mit ihm der Bau der Porta Nigra.

Eine  Erkenntnis, deren Verkündung im Landesmuseum regelrecht zelebriert wurde. Der Mainzer Wissenschaftsminister Konrad Wolf eröffnete einen Reigen von fünf Ansprachen und Vorträgen, ehe Mechthild Neyses-Eiden die Katze aus dem Sack ließ. Der Bau der Porta Nigra startete – nun wissenschaftlich belegt – vor 1848 Jahren. Damit gehören zum Teil wilde Spekulationen um die Entstehungszeit des besterhaltenen römischen Stadttors nördlich der Alpen der Vergangenheit an. Zu verdanken ist die Erkenntnis einem von der Gerda-Henkel-Stiftung finanziell unterstützten Kooperationsprojekt der Landesarchäologie und der Ludwig-Maximilians-Universität München im Grünstreifen der Trierer Nordallee. Die Archäologen fanden erwartungsgemäß das antike Stadtmauerfundament, aber auch Reste eines  römischen Turms. „Die Bauten wurden unseren Funden zufolge zeitgleich auf sumpfigem Untergrund errichtet. Die Bautrupps hatten große Probleme und mussten die Baugrube mit Hilfe von Hölzern trockenlegen“, berichtet Christoph Lindner von der Münchner Uni.

Einige Hölzer (Eiche, Tanne), die damals im Boden geblieben waren, wurden geborgen und im Speziallabor des Landesmuseums dendochronologisch (Altersbestimmung anhand der stets unterschiedlichen Breite von Jahresringen) untersucht. Das eingangs erwähnte Eichenholz-Stück erwies sich als echter Glücksfall: An einer winzig kleinen Stelle fanden sich Reste des Abschlussgewebes des Baumes. Das ermöglichte gar eine Saisondatierung: gefällt im Winterhalbjahr 169/70.

 Ein Stück Eichenholz als Kronzeuge: Dieses Überbleibsel aus einer Spuntwandbohle lässt sich dendrochronologisch exakt datieren. Die Eiche wurde im Winter 169/70 gefällt. Das bedeutet, dass mit dem Bau der römischen Stadtmauer Triers und der Porta Nigra anno 170 begonnen wurde. Foto: Roland Morgen

Ein Stück Eichenholz als Kronzeuge: Dieses Überbleibsel aus einer Spuntwandbohle lässt sich dendrochronologisch exakt datieren. Die Eiche wurde im Winter 169/70 gefällt. Das bedeutet, dass mit dem Bau der römischen Stadtmauer Triers und der Porta Nigra anno 170 begonnen wurde. Foto: Roland Morgen

Foto: Medienhaus Trierischer Volksfreund/Roland Morgen
 Permanente Flüssigkeitszufuhr: Restauratorin Sarah Bruch sorgt dafür, dass die bei der Pressekonferenz präsentierten Hölzer vom Stadtmauerbau ab anno 170 n. Chr. nicht zu trocken und damit für weitere Untersuchungen unbrauchbar werden. Foto: Roland Morgen

Permanente Flüssigkeitszufuhr: Restauratorin Sarah Bruch sorgt dafür, dass die bei der Pressekonferenz präsentierten Hölzer vom Stadtmauerbau ab anno 170 n. Chr. nicht zu trocken und damit für weitere Untersuchungen unbrauchbar werden. Foto: Roland Morgen

Foto: Medienhaus Trierischer Volksfreund/Roland Morgen

Dass Porta und drei weitere nahezu baugleiche Torburgen zeitgleich mit dem rund 6,4 Kilometer langen Mauerring hochgezogen wurden, ist schon länger klar. Wann genau die Stadtbefestigung vollendet wurde, bleibt jedoch weiterhin ein Geheimnis. „Wir wissen nicht, mit welcher Intensität gebaut wurde“, sagt der Trierer Chefarchäologe Joachim Hupe (52). Immerhin steht nun fest, dass Mauer und Torburgen ohne militärische Notwendigkeit in Zeiten tiefsten Friedens entstanden und ein reines Prestigeunternehmen für Trier, das „Rom des Nordens“, waren. Allerdings war die Verteidigungsfähigkeit dann doch bald gefragt: Im Bürgerkrieg, den Gegenkaiser Clodius Albinus  angezettelt hatte, belagerten dessen Truppen 197 Trier  – und wurden der Überlieferung vor den Mauern der Stadt von der aus Mainz herbeigeeilten 22. Legion geschlagen. Spätestens da, so darf man schlussfolgern, war der Mauerbau abgeschlossen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort