Konzert Spontaner Prinz mit politischer Botschaft

Klausen · Bei Kaiserwetter sorgt Sebastian Krumbiegel für einen kurzweiligen Picknick-Abend mit einer musikalischen Lesung an der Wallfahrtskirche Klausen.

 Sebastian Krumbiegel bei der musikalischen Lesung in Klausen.

Sebastian Krumbiegel bei der musikalischen Lesung in Klausen.

Foto: Julia Nemesheimer

Strahlender Sonnenschein – und ein ebenso strahlender Sebastian Krumbiegel auf der Bühne. Nach der langen Abstinenz merkt man dem Leipziger an, wie sehr es ihn freut, endlich wieder auf der Bühne stehen zu dürfen.

170 Menschen sind zu dem Picknick gekommen, das im Rahmen der Reihe „Kultur an der Wallfahrtskirche Klausen“ von Tobias Marenberg und Pater Albert Seul organisiert wurde. Mit Picknickdecken, kleinen Leckereien und Weinflaschen ausgerüstet warten sie auf eine musikalische Lesung. Gleich zu Beginn, nachdem Pater Albert ihn offiziell begrüßt, geht Krumbiegel zu dem schwarz glänzenden Flügel und gibt einen Einblick, was seine Zuhörerinnen und Zuhörer in den nächsten Stunden erwartet: Launige Texte, gepaart mit Klamauk und Ernst in gewohnter Krumbiegel-Manier. Direkt danach offenbart er dem Klausener Publikum, dass „im Wort ‚Unterhaltung’ eben auch ‚Haltung’ stecke und dass diese in seiner Branche und besonders für ihn selbst enorm wichtig sei. Mit im Gepäck hat er deshalb sein 2017 erschienenes Buch „Courage zeigen“. Aus diesem liest er im Laufe des Abends einige Passagen vor, das Hauptaugenmerk liegt aber auf der Musik. Ein genaues Programm für den Abend hat er nicht. „Wir sind hier eine Demokratie – bei der ich am Ende bestimme“, sagt der Künstler lachend und befragt sein Publikum mehrfach im Laufe des Abends, ob lieber ein paar Songs gespielt oder noch ein bisschen vorgelesen werden soll. Einhergehend mit diesem Vorgehen ist im Vorfeld auch nicht klar, wie lange der Abend dauern wird. Das erwähnte Sebastian Krumbiegel bereits im Gespräch mit dem Volksfreund (Interview vom 15. Juli 2020).

Am Schluss dürfen die Besucherinnen und Besucher einiges an Sitzfleisch beweisen: Gute drei Stunden lang wechselt Krumbiegel zwischen Piano und Stehtisch, erzählt aus seinem Leben, von Courage und Momenten, in denen er diese nicht hatte. Viele heitere Erinnerungen mit leichten Untertönen werden von ernsten, wichtigen Themen abgelöst. So erzählt Krumbiegel zunächst von seiner Jugend und der ersten Band, den Herzbuben, die später zur erfolgreichen Gruppe Die Prinzen werden sollte und nutzt die Gelegenheit, um dem Publikum einen seiner ersten Songs vorzuspielen. Von dort geht es direkt weiter zu den neuesten Stücken: „Die Prinzen arbeiten gerade an neuem Material, wir sind viel im Studio.“ Er scherzt dabei, dass er die Zuschauerinnen und Zuschauer jetzt als Versuchskaninchen benutzt und testet direkt mehrere Songs.

Dass Krumbiegel so gute Laune hat, liegt sicherlich auch mit an seiner Unterbringung. Im Schloss Lieser hat der Prinz die Kaisersuite bekommen, worüber er sich ehrlich begeistert zeigt und scherzt, dass die Veranstaltung auch locker dorthin hätte verlegt werden können. Es folgen einige eigene Songs, bis Krumbiegel auf den „Meister“ zu sprechen kommt, den er zudem hervorragend imitieren kann: Udo Lindenberg. Das Urgestein der deutschen Rockmusik nahm in den frühen 90ern die Prinzen mit auf Tour, die „legendäre `92er Udo Underberg-Tour“ und half somit dabei, den Weg für deren steile Karriere zu ebnen. Krumbiegel erzählt Anekdoten und gibt einige Lieder, darunter Rock ‚n’ Roll Arena in Jena und Das Leben zum Besten.

Krumbiegel greift danach ein altes und doch so aktuelles Thema auf, indem er den Bogen zwischen den Demonstrationen von 1989, der friedlichen Revolution, und den wütenden, hasserfüllten Protesten von Pegida und anderen Gruppierungen der jüngeren Vergangenheit spannt.

Krumbiegel, der sich stark gegen Rechtsextremismus engagiert, macht seine Haltung im Laufe des Abends mehrfach klar: „Auch wenn mir manche Leute sagen, ich soll einfach nur Musik machen – ich werde nicht die Klappe halten!“ Dass das auch mal ungemütlich werden kann, zeigt sich heute bei Shitstorms im Internet. 2003 wurde der Sänger in einem Leipziger Park von Neonazis verprügelt, eine Geschichte, die er auch an diesem Abend erzählt und im Buch einbringt.

Er stellt dabei auch klar: „Ich möchte nicht toleriert werden.“ Das Wort, abgeleitet vom lateinischen tolerare bedeute schließlich nicht mehr als ertragen, erdulden, aushalten. Vielmehr wünscht er sich Respekt „für das, was ich tue und wer ich bin“. Überhaupt solle man lieber auf die Suche nach Gemeinsamkeiten gehen, statt sich an Unterschieden gegenseitig aufzureiben.

Der Abend endet, wie er anfing: Mit jeder Menge Musik. Cello von Udo Lindenberg und Mein Fahrrad von den Prinzen erklingt. Zum Schluss folgt „das wohl beste deutschsprachige Lied“ – Junimond von Rio Reiser.

 Der Antisemitismusbeauftrage Dieter Burgard (links) überreicht Sebastian Krumbiegel die Auszeichnung für sein Engagement gegen Rechtsextremismus. Im Hintergrund Pater Albert.

Der Antisemitismusbeauftrage Dieter Burgard (links) überreicht Sebastian Krumbiegel die Auszeichnung für sein Engagement gegen Rechtsextremismus. Im Hintergrund Pater Albert.

Foto: Tobias Marenberg
 Mit Buch und Piano in Klausen: Sebastian Krumbiegel bei der musikalischen Picknick-Lesung im Rahmen der Reihe „Kultur an der Wallfahrtskirche“.

Mit Buch und Piano in Klausen: Sebastian Krumbiegel bei der musikalischen Picknick-Lesung im Rahmen der Reihe „Kultur an der Wallfahrtskirche“.

Foto: Julia Nemesheimer

Doch noch ist er nicht ganz beendet. Im Publikum ist auch Dieter Burgard, der Antisemitismusbeauftrage des Landes Rheinland-Pfalz. Er ehrt Sebastian Krumbiegel für sein Engagement gegen rechts. Die Auszeichnung gibt es erst seit Anfang des Jahres und wird an Persönlichkeiten verliehen, die sich besonders gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus einsetzen. Im Anschluss gab Krumbiegel für seine Fans noch Autogramme und ein warmer Sommerabend mit viel UnterHaltung ging zu Ende.

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