Konzerte Der Mann im Mittelpunkt

Esch-sur-Alzette/Luxemburg · Die Indie-Rock-Band The Killers feiert mit 6000 Fans durch die Männlichkeitskrise.

 The Killers mit Sänger Brandon Flowers reißen die 6000 Besucher in der Rockhal im luxemburgischen Esch-sur-Alzette mit.

The Killers mit Sänger Brandon Flowers reißen die 6000 Besucher in der Rockhal im luxemburgischen Esch-sur-Alzette mit.

Foto: Credit Rob Loud, @robloud

Ritterlicher Drachentöter oder lieber einfühlsamer Echsenliebhaber? Tür aufhalten oder Gleichberechtigung? Oder jeweils beides? „Wann ist ein Mann ein Mann?“, fragte schon Herbert Grönemeyer, und im postmodernen Zeitalter werden die Konturen dessen wohl immer unschärfer, welche Rollen welches Geschlecht erfüllen soll.

Die Männlichkeit steht buchstäblich im Mittelpunkt des Killers-Konzert’s am Donnerstagabend in der Rockhal. Das Symbol, das sonst eher zur richtigen Toilettentüre weist, prangt einen Meter hoch und bedeckt Brandon Flowers ganzen Unterkörper, wenn er dahinter die Tasten seines Keyboards anspielt. Links neben ihm unterstützen ihn drei Backgroundsängerinnen mit ihrerseits kleineren Weiblichkeitssymbolen als Bühnendekoration.

Sänger Flowers und der Rest der Indie-Rock-Band starten das Konzert nicht wie sonst während der aktuellen Tour mit dem Titelsong des neuen Albums „Wonderful Wonderful“, sondern mit jenem neuen Song, der sich mit der großen Geschlechter-Frage über die Männlichkeit auseinandersetzt: Passender Titel des Tracks ist „The Man“.

Der bassgetriebene Disco-Rock-Song ist ein richtig guter Start. Atmosphärisch und pumpend zugleich dringt er durch die 6000 Fans – und der ein oder andere fühlt wohl schon die Überdosis Testosteron. Der Puls steigert sich dann bei Song zwei mit „Somebody told me“, einer der ganz großen Hits.

Alle singen ab der ersten Zeile mit. Flowers sagte zu „The Man“ einmal, nach einiger Reflexion habe er erkannt, dass Männer Mann-Sein zunächst immer als Hart-Sein-und-Geld-Ranschaffen verstehen. Vielmehr gehe es um Einfühlsamkeit und Anteilnahme dabei. Laserstrahlen kreuzen sich immer wieder, zweimal regnet es Konfetti und Luftschlangen auf die Fans. Flowers bewegt sich viel, auch wenn er anscheinend seinen besten Männeranzug trägt.

Eine kleine Brise der glamourösen Wüstenmetropole Las Vegas weht bei jedem Killers-Konzert mit – bei über 30 Grad Außentemperatur am Donnerstagabend besonders. Kenner der Band wissen um deren Herkunft aus dem bekanntesten Sündenpfuhl Amerikas. Schwächeerscheinungen zeigt Flowers trotz Hitze keine. Während der Rest der Band zwar musikalisch perfekt, aber wie festgewurzelt spielt, wirkt der ehemalige Hotelpage und nun Frontmann höchst agil.

„Es gibt nichts Nobles daran, besser zu sein als sein Nebenmann, nur besser zu sein als sein ehemaliges Ich“, sagt Flowers fast andächtig gegen Konzertende und macht klar: Zum Erwachsenwerden, egal ob Frau oder Mann, gehört eine Menge Selbst-Reflexion.

Der letzte Song verspricht nach zwei Stunden einen krönenden Abschluss: Mr. Brightside hat 283 Millionen Klicks bei YouTube. Die Erwartung wird zunächst gebrochen. Der Hit über Eifersucht und Wahnsinn klingt wie falsch gespielt: völlig andere Harmonien, als haben sich die Musiker beim Notenblatt verguckt. Doch die Fans singen unbeirrt mit Flowers den üblichen Text über die unpassende Musik.

Dann Stopp. Die Pupillen werden schlagartig kleiner. Denn das Deckenlicht flutet die Halle. Es regnet wie zu Beginn Konfetti. Und das bekannte Eingangsriff von „Mr. Brightside“ ertönt mit dem gewohnten musikalischen Hintergrund – wie ein im letzten Moment erfüllter Weihnachtswunsch. Die Party in der Rockhal findet damit ihren Höhepunkt. Und dann ist Schluss. Drummer Ronnie Vannucci Jr. geht an den Bühnenrand und bedankt sich bei den Fans mit einer kalten Dusche aus der Wasserflasche. Eine noble Geste.

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