Comedy Ein Jahr voller Absurditäten:  Urban Priol blickt zurück

Rückblicke auf das Jahr 2017 gibt es in diesen Tagen reichlich im Fernsehen. Doch wenn ein Kabarettist wie Urban Priol einen solchen live präsentiert, lassen in Trier 1200 Zuschauer in der voll besetzten Europahalle gerne ihren Bildschirm dunkel.

 Urban Priol in 'Trier

Urban Priol in 'Trier

Foto: TV/christoph strouvelle

 „Tilt“ heißt Priols Programm, in dem er satte drei Stunden lang die Ereignisse 2017 Revue passieren lässt. „Ein irres Jahr, da passt nichts zusammen. Da sind Dinge passiert, die kann man sich nicht ausdenken“, nimmt er seine Erkenntnisse vorweg. Die Bundestagswahl und die mit einer möglichen Regierungsbildung befassten Parteien, Trump, Macron, der Brexit, der Österreicher Sebastian Kurz: Alle populären Themen nimmt Priol aufs Korn. Lady Pattex à la Angela Merkel, die am Tag nach der Wahl sagt, sie können keinen Fehler entdecken, und im grauen Wams der älteren Schwester von Kim Jong Un gleicht. Die CSU-Granden wie Dobrindt, der mit der Maut das sinnvollste Projekt seit dem Turmbau zu Babel auf den Weg gebracht habe, die „Sozen“ rund um den sich selber klein machenden Martin Schulz aus Würselen, die AfD, die Grünen und die FDP: Keine Partei bleibt verschont – außer den Linken, zu denen sich Priol mit keinem einzigen Wort äußert. „Italien kann kein Fußball mehr spielen, Deutschland findet keine Regierung, das war mal andersrum“, lautet einer seiner vielen Schlüsse an diesem Abend.

Und auch dem Publikum hält Priol den Spiegel vor, als er aufgrund von Vulkanausbrüchen in Island und einer daraus resultierenden Kältewelle alle Mitteleuropäer über das Mittelmeer nach Nordafrika fliehen lässt.

Kaum zu schildern ist das Tempo, in dem der Aschaffenburger sein Programm vorträgt: Keine zwei Sätze vergehen ohne Pointen, mit denen er das aktuelle Zeitgeschehen kommentiert oder Politiker wie Merkel, Kretschmann und Helmut Kohl stimmlich imitiert. Wie Priol das Jahr mit seinen geschilderten Absurditäten zuspitzt und auf den Punkt bringt, wie er sein Programm nicht nur vorträgt, sondern mit Mimik und Gestik lebt, das ist die ganz hohe Kunst des politischen Kabaretts. Dabei merkt man Priol auch seine Wut über gewisse Dinge an. Etwa über den Dieselskandal: Die Marke in dem Land, in dem die Betrugssoftware erfunden wurde, komme mit Updates davon, während den Käufern die Autos stillgelegt würden. Realsatire sei es, wenn ein Wolfgang Schäuble, der in schwarze Kassen verwickelt gewesen sei, erst acht Jahre Finanzminister gewesen sei und jetzt als Bundestagspräsident die Parteienfinanzierung beaufsichtige.

Zum Schluss des Programms wagt Priol einen Blick in das kommende Jahr: „2018 wird so bescheuert wie es 2017 war. Machen wir das Beste daraus!“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort