Musik Glaubwürdigkeit ist sein Kapital

Ein Urgestein der Trierer Jazz-Szene ist der Trompeter Helmut „Daisy“ Becker.

 „ich habe geübt, geübt, geübt“  erzählt Jazz-Trompeter Helmut „Daisy“ Becker über seinen musikalischen Weg.

„ich habe geübt, geübt, geübt“  erzählt Jazz-Trompeter Helmut „Daisy“ Becker über seinen musikalischen Weg.

Foto: TV/Martin Möller

Wer als Kulturveranstalter um ein Resümee gebeten wird, demonstriert meist Zufriedenheit. Das gehört zum Geschäft. Eigenartig, dass es bei Helmut Becker etwas anders aussieht. Der hat wieder einmal zu Ostern in der Trierer Tufa den Jazz-Workshop regional auf die Beine gestellt. Von Gründonnerstag bis Ostersonntag betreute eine Dozenten-Crew 61 Kursteilnehmer. Helmut Becker war die Schlüsselfigur. Er organisierte die Abläufe, betreute die jungen Musiker künstlerisch, gab aus dem reichen Fundus seiner Erfahrung Tipps. Organisatorisch sei das „super gelaufen“, sagt er. Die Teilnehmerkonzerte seien „weitgehend voll“ gewesen und das Dozentenkonzert ohnehin. So etwas klingt wie eine Standard-Erfolgsmeldung. Nur mit einem Unterschied: Man nimmt ihm all das ab, ohne jeden Vorbehalt.  Und man nimmt ihm auch ab, wenn er erklärt, dass es spektakuläre Highlights gar nicht gab, aber dafür eine ruhige, kontinuierliche Arbeit.

Vielleicht ist Glaubwürdigkeit das wichtigste Kapital dieses Musikers.  Becker, Jahrgang 1953, der Jazz-Trompeter mit dem etwas ulkigen und in seiner Bedeutung ungeklärten Beinamen „Daisy“,  strahlt eine Bodenständigkeit aus, die meilenwert entfernt ist vom Klischee eines egozentrischen Künstlertyps. Becker ist einfach anders. Auch Jazz auf der Trompete zu musizieren war bei ihm keine plötzliche Eingebung. Es war von Kind auf etwas ganz Organisches, Selbstverständliches. „Es gab für mich einfach keinen anderen Weg“, sagt er heute. Becker trat  in den heimischen Reinsfelder Musikverein ein, nahm Unterricht beim Trompeter Heinz Rose vom Trierer Orchester und studierte autodidaktisch weiter. „Ich habe geübt, geübt, geübt“.

Ab 1974 spielte er Tanzmusik – bei Gala-Veranstaltungen, bei Betriebsfesten, überall wo Musik gebraucht wurde. Und als er Mitglied wurde bei den Orchestern Alb Hardy und Fredy Brock und in der Didi Davis Band, da hängte  Becker seinen Job als Maschinenschlosser und Fahrer an den Nagel und begab sich auf den unsicheren Boden des freien Künstlers. „1978/79 hatte ich mich finanziell einigermaßen etabliert“, sagt er. Tanzmusik spielte er weiter, jetzt, um seinen Wechsel zum Jazz zu finanzieren.

Seit den 1990er Jahren hat sich Becker in der regionalen Jazz-Szene etabliert. Und das nicht nur als Interpret, sondern auch als Lehrer, als Komponist und Arrangeur, als Dozent bei unterschiedlichen Big Bands und, nicht zuletzt, als Leiter des Trierer Jazz-Workshops regional. Künstlerische Krisen? Nein, die gab es nicht. „Daisy“ hat immer beharrlich seine Kreativität entwickelt. Kreativität sei das Zentrum im Jazzmusizieren: in einem vorgegebenen formalen und harmonischen Rahmen eigene Ideen zu entwickeln und die mit den übrigen Musikern abzustimmen. „Man muss in jedem Augenblick wissen, was um einen herum passiert“.

Hat der Jazz Zukunft? Da wird Helmut Becker sehr nachdenklich. Je größer die Zahl der Musiker wird, desto mehr schwinden die Aussichten auf eine sichere Position. „Wo wollen die alle hin?“ Eins jedenfalls steht für Becker fest: Lebenslang nur Jazz musizieren und davon zu leben, ist endgültig zur Illusion geworden.

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