Vinyl der Woche: Afterburner – Dance Gavin Dance Von Engelchen und Teufelchen

Serie · Manchmal, da müssen wir uns entscheiden: Das Engelchen auf der einen, oder das Teufelchen auf der anderen Schulter. In diesen Zwiespalt bringt auch Dance Gavin Dance seine Hörer – zum Glück.

 Afterburner von Dance Gavin Dance

Afterburner von Dance Gavin Dance

Foto: Band

Pizza oder Salat? Diskothek oder Schreibtisch? Noch eine Folge auf Netflix schauen oder noch eine Runde um den See joggen? Entscheidungen, die in Film und Fernsehen gerne mit der allseits bekannten Rivalität zwischen Engel und Teufel dargestellt werden. Gut auf der einen Schulter, schlecht auf der anderen. Alles Hunderte Male gesehen. Und gehört? Nein? Dann auf zu Afterburner von Dance Gavin Dance.

Okay, der Bandname klingt speziell und für viele sicher unbekannt. Also starten wir mit einigen Fakten zu Dance Gavin Dance. Gegründet 2005 in Sacramento, wird die Band zunächst dem Post-Hardcore zugeordnet. Was nicht zuletzt an Sänger Jonny Craig liegt, der die Gruppe allerdings 2007 zum ersten Mal und nach seiner Rückkehr 2012 erneut (unfreiwillig) verlässt. Trotz immer öfter wechselnder Bandmitglieder, produziert Dance Gavin Dance mit einer Frequenz, die schon fast angsteinflößend ist: Neun Platten in 15 Jahren, dazu EPs und Live-Alben – durchatmen ist für die Fans nicht drin.

Kommen wir kurz zurück zu Jonny Craig und dem Engel-Teufel-Vergleich. Setzen wir den an, dann kommen wir rein faktisch nicht umhin, Craig die negativere Rolle zuzuteilen. Drogenabhängigkeit und Anschuldigungen wegen Internetbetrugs – Craig schafft es zweimal aus der gleichen Band geworfen zu werden. Was eine gewisse Ironie mit sich bringt, denn damit macht er Platz für das Engelchen – musikalisch gesehen. Denn für ihn kommt 2013 Tilian Pearson zur Band und bringt eine unverwechselbare, extrem helle und nahezu harmlose Stimme in den Dance-Gavin-Dance-Sound mit ein.

Diese wird kombiniert mit den böse klingenden Schreien des zweiten Vokalisten. Jon Mess wirft den Hörer zwischen „oh, singt der schön!“ und „oh, ich will in einen Mosh-Pit!“ hin und her. Das ist extrem vielfältig und interessant, weil man immer wieder neue Facetten erkennt. Was das neue Album Afterburner besonders gut kann, ist eben jene Vielseitigkeit. Mal baut Dance Gavin Dance wie in Lyrics Lie poppige Töne ein, dann wird in Calentamiento Global gepfiffen, stilistischer Samba getanzt und im Refrain spanisch gesungen. Bei Parallels gibt es einen Blues-Unterton, Strawberrys Wake ist schon fast eine Ballade. Born To Fail und Night Sway verhindern mit harten Gitarrenriffs und ordentlichem Tempo, dass sich etablierte Fans der Post-Hardcore-Anfänge vor den Kopf gestoßen fühlen.

Auch diese harten Klänge braucht Afterburner. Denn so gut dieses Album und der Dance-Gavin-Dance-Sound ist, dürfen wir eines nicht vergessen: Oft macht die Option des Teufelchens einfach mehr Spaß.

In der Kolumne „Vinyl der Woche“ stellt der Trierische Volksfreund wöchentlich eine Schallplatte vor – von Neuerscheinungen, über besondere Alben bis hin zu Klassikern. Alle Serienteile gibt es hier.

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