Vinyl der Woche: La Paloma – Freddy Quinn Kaiser, Ketchup, Kanzler

Serie · Bereit für eine wilde Schifffahrt? Auf geht’s! Vom mexikanischen Kaiser über Freddy Quinn bis zu einem ehemaligen Bundeskanzler – alles anhand von La Paloma.

 La Paloma von Freddy Quinn

La Paloma von Freddy Quinn

Foto: Polydor/Polydow

Es ist bereits eine lange Schifffahrt, auf der Sie, liebe Leser, und ich uns seit der ersten Vinyl-Kolumne befinden. 85 Alben haben wir besprochen. Mit Johnny Cash am Lagerfeuer gesessen, mit Alan Parsons die NBA-Meisterschaft gewonnen und mit Jürgen Drews im Kornfeld gelegen. Aber so weit wie heute sind wir noch nie zurückgereist.

Doch wenn wir der Geschichte des vielleicht meistgesungenen Songs der Geschichte auf den Grund gehen wollen, dann müssen wir mit der vielleicht meisterzählten Legende aufräumen, die um La Paloma kursiert. Bevor wir uns also mit Freddy Quinns La-Paloma-Version beschäftigen, die heute vor 60 Jahren auf Platz eins der deutschen Charts stand, reisen wir noch weiter zurück – ins Jahr 1867.

In diesem Jahr – genau genommen am 19. Juni – wird der mexikanische Kaiser Maximilian I erschossen, nachdem er von einem Kriegsgericht zum Tode verurteilt wurde. Die Geschichte, dass La Paloma auf Maximilians Wunsch während seiner Hinrichtung gespielt worden sei, hält sich lange Zeit wacker. Aber: Wir müssen sie ins Reich der Sagen verbannen.

Denn obwohl La Paloma Maximilians Lieblingslied war, zeigen neuere Untersuchungen, dass das Lied eher bei der Ausschiffung seines Sarges lief. Zum Andenken an den Tod des gebürtigen Österreichers beschlossen die anwesenden Marineoffiziere, dass La Paloma nie wieder auf österreichischen Kriegsschiffen gesungen werden sollte. Eine Tradition, die Segler bis heute beibehalten.

Gut, dass Freddy Quinn zwar Österreicher, aber kein Segler ist. Denn der Schlagersänger und Schauspieler, der am 27. September 90 Jahre alt wird, legte La Paloma 1961 neu auf und machte ihn zum Nummer-eins-Hit. Zuvor hatte das bereits Billy Vaughn mit seiner Instrumentalversion geschafft, 1973 zog Mireille Mathieu mit La Paloma adieu nach.

Es gibt nicht viele Kompositionen, denen es gelang, in verschiedenen Versionen den Spitzenplatz in der deutschen Hitparade zu erklimmen.  Für eines der wenigen Beispiele ist jedoch der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder indirekt mitverantwortlich. 2002 veröffentlichte die spanische Girlgroup Las Ketchup The Ketchup Song (vielleicht erinnern Sie sich, es war ein schrecklicher Song mit einem noch viel schrecklicheren Tanz).

Der schrecklich verwirrende Text der Originalversion „Y aserejé-ja-dejé, De jebe tu de jebere seibiunouva majavi an de bugui an de güididípi“ (ja, das ist der offizielle Songtext...) wurde von der Radio-Comedy Gerd-Show zu „Ich erhöh‘ euch die Steuern. Gewählt ist gewählt, ihr könnt mich jetzt nicht mehr feuern“ umgedichtet. Der Song erreichte beide Male die Spitzenposition in den deutschen Charts.

Ich hatte Ihnen von einer langen Schifffahrt erzählt. Wir sind gerade von Maximilian I über Freddy Quinn zu Las Ketchup und Gerd Schröder gesegelt. Na, schon seekrank?

In der Kolumne „Vinyl der Woche“ stellt der Trierische Volksfreund wöchentlich eine Schallplatte vor – von Neuerscheinungen, über besondere Alben bis hin zu Klassikern. Alle Serienteile finden Sie hier.

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